Ich weiß nicht sicher, ob ich diesen Artikel schreiben will. Es geht um ein Thema, zu dem schon unendlich viel gesagt wurde, aber ich komme trotzdem immer wieder an den Punkt, an dem ich die Welt nicht mehr verstehe. Ich rede vom Arte-Film „Storyseller – Wie Amazon den Buchmarkt aufmischt“. Dieser in weiten Teilen wirklich gute Beitrag landet beim altbekannten Fazit, dass es die Verlage braucht, weil es ansonsten keine „gute“ (im Sinne von hochwertige, sperrige) Literatur gibt. Also das Argument der literarischen Vielfalt, dem ich in Bezug auf Buchhandlungen auch jederzeit zustimme, nur nicht in Bezug auf Verlage.
Kann mir jemand erklären, warum wir schon wieder bei dieser alten Diskussion gelandet sind, dass es ohne Verlage kein Kulturgut Buch gibt? In einer der Facebook-Diskussionen zu diesem Thema ging es darum, dass die Self Publisher bei Amazon vor allem das Groschenroman-Genre abdecken, das heute in der ursprünglichen Form sowieso nur noch in geringem Rahmen existiert. Aber warum verdient dann Jürgen Schulze so viel Geld mit der Publikation von Klassikern als E-Book?
Was mich extrem stört, ist die angenommene Verdummung des Lesers. Wenn es nicht die guten tapferen Verlage gibt, die ihm gute Literatur auf dem Silbertablett servieren, kann dieser gar nicht mehr anders, als nur schlechte und seichte Literatur zu kaufen und zu konsumieren. Was für ein Mist! So viel fragwürdige Sachen Amazon auch macht, das Unternehmen hält keine Self Publisher davon ab, hochwertige E-Books hochzuladen. Daher gibt es auch auf Amazon gute Literatur und kein Leser wird davon abgehalten, sich diese zu besorgen. Und natürlich geht das ein oder andere hochwertige E-Book unter (was im Print-Markt nicht anders ist), aber die wirklich guten Texte werden auch hier gelesen. Selbst wenn es jetzt einen Überhang an seichter Literatur gibt: Ist doch egal, wird sich eh wieder ändern. Wenn ich eines in meinem Literaturstudium gelernt habe, dann das, dass es zu jeder Bewegung eine Gegenbewegung gibt. Die kommt vielleicht jetzt noch nicht, weil die Leser sich mit der vielen schlechten Literatur womöglich einfach wohl fühlen. Und nicht zu dumm sind, gute Literatur herauszufiltern!
P.S.: Der Vollständigkeit halber will ich erwähnen, dass es noch weitere Kritikpunkte zu diesem Film gibt, die u.a. Johannes Haupt auf lesen.net und Emily Bold (eine der porträtierten Self-Publishing-Autorinnen) äußern. Wer sich selbst ein Bild machen will, findet den Beitrag heute noch in der arte Mediathek. Morgen ist er dann wegen des Telemediengesetzes weg.