Du willst was mit Büchern machen? Gute Nacht!

Es gibt schönere Dinge auf dieser Welt, als einen Job in der Buchbranche zu finden. Für die, die es trotzdem versuchen wollen: Dennis und ich fühlen uns gerade weise genug, ein paar Erfahrungen aus unseren letzten Such-Phasen weiterzugeben.

Life comes first

  • Sich nicht über Arbeit definieren und Kontakt zu Freunden halten: Ein wichtiger Tipp, den mir ein Freund ehrenhafterweise schon frühzeitig gegeben hat. Wenn man sich über einen Job definiert – und irgendwie tun das die meisten von uns -, fällt in einer Such-Phase ein relevanter Pfeiler des Selbstwertgefühls weg. In der Folge ist man deprimiert und zieht sich sozial zurück. Genau das darf aber nicht passieren. Man muss sich vor Augen halten, dass jeder Mensch mehr wert ist als sein Job – viel mehr! Und gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, intensiven Kontakt mit seinen Freunden zu halten, weil die einen nämlich wieder daran erinnern. (Hanna)
  • Don’t stand alone: Das gilt nicht nur im Falle einer Zombie-Apokalypse, sondern eigentlich in jeder Krise. (Eigentlich-eigentlich immer.) Dabei ist es wichtig, sich nicht von den Erfolgsgeschichten von Leuten verunsichern zu lassen, deren Lebenslauf glatter, deren Auslanderfahrungen ausgedehnter und deren familiärer Hintergrund elitärer ist. (Ja, richtig geraten: In all diesen Punkten bin ich eine Niete.) Die leben nicht euer Leben, sondern ihres. Die krummsten Biographien haben zu den spannendsten Ergebnissen geführt. Einfach weitermachen! (Dennis)
  • Mit skurrilen Tipps umgehen lernen: Das ist einer der tückischeren Punkte, weil er etwas schleichend kommt. In den ersten Wochen geht jeder davon aus, dass man schon bald (wieder) einen Job haben wird. Und irgendwann hat’s immer noch nicht geklappt und dann wird die Familie/der Partner/der BWLer-Freund nervös und gibt eifrig Tipps – die bisweilen komplett an der Realität vorbeigehen. Was total nett gemeint ist, aber überhaupt nichts bringt. In solchen Fällen hilft es, tief durchzuatmen und sich sachlich zu verhalten. Und alle größeren Veränderungen vorsichtshalber mit den Freunden abklären, die die Lage halbwegs klar sehen. (Hanna)
  • Nicht jede Stelle annehmen: Ein Job ist ein Job ist ein Job. Das heißt, man macht ihn vorrangig aus einem Grund: Man verdient Geld. Jetzt bitte kein Kapitalismus-Bashing, ich bin selbst niemand, der einen 60-Stunden-80-Mille-Job machen will. Die Hälfte reicht mir vollkommen. (Ja, von beidem – das wäre toll.) Ein Job muss sich auch mit der eigenen Lebensrealität in Abgleich bringen lassen – man ist nur dann gut in einer Position, wenn man nicht das Gefühl hat, dafür sein restliches Leben zu opfern. Märtyrer gehören in die Geistesgeschichte, nicht in die Berufswelt. Begeht nicht Karōshi. Das ist es nicht wert. Man muss wissen, wann Feierabend ist. Kurz: Nehmt nur Stellen an, die eure Beziehungen, Interessen und Finanzen gleichermaßen fördern oder zumindest nicht zu stark belasten. (Dennis)

Know your stuff

  • Keine Initiativbewerbungen: Die hochgelobten Initiativbewerbungen sind meiner Erfahrung nach vollkommen gehyped. Die großen Verlage werden auch damit überrannt und die kleinen Verlage haben nicht die Möglichkeiten, mal schnell eine Stelle zu schaffen. Das Konzept bringt meines Erachtens nur etwas, wenn man einen gezielten Tipp bekommt, dass es bei einem bestimmten Unternehmen tatsächlich was bringt. (Hanna)
  • Nicht um jeden Preis nach dem vermeintlichen Traumjob suchen: Es gibt nicht nur einen Traumjob. Fast genauso wichtig wie die Jobbezeichnung sind die Kollegen, der Chef, das Unternehmen an sich, der Standort … Wenn eine andere Art von Job, an die man erstmal nicht gedacht hat, klappt, sollte man die nehmen! Erfahrungen sind prinzipiell immer gut und wenn man nach zwei Jahren immer noch seinem Traumjob hinterher trauert, kann man jederzeit einen neuen Versuch starten. Aber je mehr man sich fokussiert – in welcher Hinsicht auch immer -, desto weniger Angebote gibt es. (Hanna)
  • Netzwerken: Ja. Sagt jeder. Social Media, Konferenzen, Messen, Projekte, Initiativen. Machen aber irgendwie gar nicht viele und deswegen ist es ein guter Weg, sich zu profilieren. Zumindest während des Studiums und kurz danach, wenn man a) selbst noch nach Orientierung sucht und b) viel Zeit hat. Ehrenamt sollte natürlich nur ausgeübt werden, wenn man wirklich Spaß dran hat, aber dem Lebenslauf schadet es in Maßen auch nicht. (Dennis)
  • Agenturen, Agenturen, Agenturen: Wohnungen findet man am besten per Makler, wenn sich nicht zufällig etwas über private Kanäle ergibt. Und so ähnlich ist das auch mit Jobs. In der Kartei einer passenden Agentur aufzutauchen, ist jedenfalls nicht schädlich. Und manchmal führt es dazu, einen passenden Job zu finden. Probiert es! (Dennis)
  • Don’t give a sh**! Der wichtigste Tipp von allen: Regt euch nicht auf. Je wichtiger das Thema, desto weniger Aufregung hat es verdient. Benehmt euch wie Psychopathen, wenn es sein muss. Aber bleibt einfach ruhig und kommt irgendwie durch. (Dennis)

Also: Ruhe bewahren. Der Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler ist nicht gut. Es gibt sogar Vereine, die sich mit diesem Problem beschäftigen (wenn auch mit eher mediokrer Website). Das heißt aber auch, dass es allen so geht. Ein Job oder kein Job ist kein Indikator dafür, ob jemand eine gute Arbeitskraft ist oder nicht. Hanna neigt dazu, Arbeitssuche für ein komplettes Glücksspiel zu halten. Dennis denkt, dass das Prinzip hinter der Arbeitssuche antirational arbeitet: Je mehr man sich bemüht, desto schlimmer wird es.

And now to something completely different: Liebe Personaler …

Liebe Personalverantwortliche in den Verlagen – und natürlich auch in allen anderen Unternehmen -, wir müssen an dieser Stelle auch mal ein paar Dinge loswerden, die nicht gehen. GAR NICHT. Da wären:

  • Keine Eingangsbestätigung (v.a. bei E-Mail-Bewerbungen)
  • Keine Antwort (also so gar nie …)
  • Online-Bewerbungssysteme (funktionieren meist nie so, wie sie sollen, und sind überflüssigste Mehrarbeit, weil alles Wichtige eh schon im Lebenslauf steht)
  • Wochenlang nichts von sich hören lassen und dann spontan am Telefon fragen, warum man gerade an diesem Unternehmen interessiert ist (als ob man sich nur bei einem einzigen Unternehmen beworben und seine Unterlagen auswendig gelernt hätte …)

Liebe Bewerber, bei solchen Unternehmen solltet ihr dann auch zweimal darüber nachdenken, ob ihr da arbeiten wollt. Oder dreimal.

Der erste Tropfen? Nachlese einer Debatte über die Bezahlung von Volontariaten

Na sowas – da gibt’s einen (Mini-)Shitstorm in der Buchbranche und keiner kriegt’s mit. Jedenfalls nicht in der Branche – außerhalb davon gab’s Meldungen bei n-tv, Stern, 3sat, der Welt, der Berliner Morgenpost und sogar beim Spiegel. Aber keines der großen Branchenorgane greift das Thema auf und stößt eine Diskussion an. Zu einem Thema, das bekanntermaßen schon lange schwelt.

Wohlbehütete ausgebrütet? Der Nachwuchs hat Probleme. Bildquelle: grendelkhan via Wikimedia Commons

Worum geht’s?

Um das Thema Volontariatsgehalt. Der Verlag Kiepenheuer & Witsch hatte mit einem Gehaltsvorschlag von 500 € pro Monat für Unmut gesorgt; in der Folge gab es einen wütenden Blogbeitrag und diverse wütende Facebook-Posts, woraufhin sich die KiWi-Geschäftsleitung zu einer Erklärung gezwungen sah und das Gehalt auf „immerhin“ 1.000 € erhöhte. Dennis hat den Verlauf der Diskussion in diesem Beitrag ausführlich beschrieben.

Fazit auf den ersten Blick

Bei allen jungen Leuten, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, schlug deutlich die Begeisterung durch. Zum einen war das in Richtung „Juhu, jetzt gibt’s auch bei uns mal einen Shitstorm“ und zum anderen „Juhu, der bewirkt sogar noch was“. Das klingt im ersten Moment ziemlich sensationsgeil, ist aber für viele ein Hoffnungsschimmer, dass sich auch hier etwas tun kann. Dass es möglich ist, Leute dazu zu bewegen, ihre Meinung offen zu vertreten und zu behaupten. Und dass darauf eine angemessene Reaktion folgt, die davon zeugt, dass man ernst genommen wird. KiWi hat sich angesichts des zunehmenden Protests geradezu mustergültig verhalten, indem schnell reagiert und gehandelt wurde.

Fazit auf den zweiten Blick

Und doch bleibt ein schaler Beigeschmack. 1.000 € sind immer noch alles andere als ein angemessenes Gehalt für einen Hochschulabsolventen, Ausbildung und Einarbeitung hin oder her. Wie Dennis schon richtig angemerkt hat, sollte man eher dafür Sorge tragen, Absolventen auf reguläre Stellen  zu besetzen – die verdienen nämlich genug. Es geht hier allgemein um die Wertschätzung von Mitarbeitern. Natürlich sagt das niemand offen, sondern redet lieber von hohen Kosten und der grandiosen Chance, in einem so renommierten Verlag … *gähn*. Und weil das alle so machen, wird’s auch von den Branchenmedien lieber totgeschwiegen als thematisiert.

Es wird Zeit, dass sich der Nachwuchs auf die Hinterfüße stellt und seine Rechte einfordert – vielleicht ist das, was wir erlebt haben, schon der Anfang davon.

Mainzer Buwi startet experimentelle eBook-Reihe für Bachelorarbeiten

Meine eigene BA habe ich ja bei GRIN veröffentlicht. GRIN, die Buchmarketing-Agentur bilandia und die Buchwissenschaft Mainz haben nun die Plattform Initialen gestartet, eine Schriftenreihe für gut bewertete, innovative, spannende Bachelorarbeiten. Und heute geht es los:

Die Digitalisierung verändert nicht nur das Medium Buch, sondern die ganze Buchbranche. Um nicht nur wissenschaftlich-theoretisch, sondern ganz praktisch an diesem Prozess teilzuhaben, veröffentlichen Studierende der Buchwissenschaft Mainz im Juli 2013 selbst E-Books. Die Studierenden lektorieren neun aufgrund ihrer herausragenden Qualität ausgewählte Abschlussarbeiten, bereiten sie für die elektronische Publikation vor und übernehmen Marketing und Pressearbeit.
Im Rahmen der Übung „Das Buch im Medienverbund“ des Instituts für Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erscheinen die E-Books am 8. Juli 2013 in der neuen Reihe „Initialen“. Die Bandbreite der behandelten Themen zeigt dabei die ganze Vielfalt der buchwissenschaftlichen Forschung in Mainz (eine Übersicht der E-Books finden Sie am Ende dieser Mail).
Das Pilotprojekt leitet der Dozent Dominique Pleimling in Zusammenarbeit mit Peter Schmid-Meil, Programmleiter des GRIN Verlags, und Albrecht Mangler, Marketing und Creative Director bei der Agentur Bilandia.

Initialen-Flyer

Man darf gespannt sein, was den Leser dort erwartet. In jedem Fall ist „Initialen“ eine schöne Verankerung der ePublishing-Praxis in der universitären Lehre. Weiter so, Unis!