Joe Konrath über Agency Model und Wholesale Model

Joe Konrath rechnet in seinem Blog vor, wie sich die Mathematik zwischen Wholesale und Agency Model unterscheidet, etwa im Preisbereich der eBooks für 9,99:

Under the wholesale model, an ebook that retailed for $9.99 was earning the author $3.12. Under the agency model, an ebook that retails for $9.99 earns the author $1.75.

Do you see now why the wholesale digital model was so much better for authors? Publishers switched to a model (and apparently colluded to do so) in which authors, agents, and publishers all make less money than they made under wholesale–with publishers taking a dramatically bigger slice of the shrunken agency pie.

Wenn alle effektiv weniger Geld verdienen: Wozu das alles? Um den Verkaufspreis zu kontrollieren, meint Konrath.

There are obvious benefits to controlling retail price. Doing so circumvents supply and demand. It also prevents discounting.

Die Diskussion ist in Deutschland aufgrund der Preisbindung natürlich müßig, aber einige der Argumente kann man für eben diese Diskussion aufgreifen. Etwa, dass ein fixer (in den USA ein aufgedruckter) Preis den Händlern und dem Umsatz schadet:

Much of what Amazon does is smart. Not having a printed price on their published books, and not having prices in product descriptions, means Amazon can change prices when needed. They can put things on sale, price-match, and allow retailers to find their own price point depending on supply and demand, location, and market fluctuations. The customer doesn’t ever feel like they’re paying too much.

Eine kurze Slide-Einführung in die Unterschiede zwischen beiden Modellen und die historische Entwicklung findet sich bei macstories:

Individualität schlägt Einerlei

Die Einkaufsstraßen vieler Innenstädte zeichnen sich durch ein gewisses Einerlei aus. Gerade der inhabergeführte Einzelhandel kann dieser Verödung entgegenwirken.

Ein Kommentar im Börsenblatt spricht einen wichtigen Aspekt an, der mir auch bei mir selbst immer wieder auffällt. Als Branchenangehörige bekomme ich Bücher mit einem Rabatt, weswegen es ökonomisch sinnvoll ist, genau diesen Bezugsweg zu nutzen. Trotzdem kaufe ich den Großteil meiner Lektüre nach wie vor in Buchhandlung, weil ich spontan begeistert von einem Titel bin und ihn unbedingt sofort haben will.

Überzeugendes Angebot

Dieser Teil meines Kaufverhaltens kommt in der Regel nur in unabhängigen Buchhandlungen zum Vorschein – bei großen Buchhandlungen kann (!) ich teils auch ganze Nachmittage verbringen und von nichts überzeugt sein. Ich möchte jetzt keine Präferenz für die eine oder andere Art der Buchhandlung ausführen; wichtig erscheint mir der Punkt, dass ich vom Buch-Angebot überrascht und begeistert werden will. Also kein Einerlei, sondern individuelle Titelauswahl; selbstverständlich auch Klassiker und das, was man erwartet, aber eben auch andere interessante Titel. Und damit dieses Bedürfnis gestillt wird, finde ich das Plädoyer für mehr kommunale Unterstützung von inhabergeführten Buchhandlungen gar nicht schlecht.

Mut zur Übergabe

„Wie viel Mut braucht man, um eine Buchhandlung einen Tag an Schüler zu übergeben?“ Diese Frage des Börsenblatts haben Hanna und ich uns auch gestellt und haben Annaluise Erler von der Buchhandlung Findus kurzerhand im Rahmen eines Interviews ausführlich zu ihrer Aktion zum Welttag des Buches befragt. Geantwortet hat ihr Sohn Max Erler, Filialleiter der Buchhandlung Findus in Weinböhla, der dieselbe Aktion durchgeführt, aber weniger Branchenecho geerntet hat. Herausgekommen sind ehrliche und spannende Antworten, nicht nur zur Aktion an sich, sondern auch zur Positionierung einer Buchhandlung jetzt und in Zukunft.

alles fließt: Was haben Sie selbst gemacht, während die Schüler Ihre Buchhandlung führten? Konnten Sie überhaupt abschalten?

M. Erler: Nein, abschalten konnten wir nicht, wir haben in voller Personalstärke unsere Schüler begleitet und haben ihnen bei Fragen zur Seite gestanden.

alles fließt: Wie ist es gelaufen? Welche Rückmeldungen haben Sie von den Kunden bekommen? Gab es Kritik?

M. Erler: Einige Kunden waren erstaunt und überrascht, aber ich habe keine negativen Reaktionen bekommen. Im Gegenteil, einige wenige haben sich sogar bedankt und sich gefreut, dass wir den Schülerinnen die Chance gegeben haben, einmal über den Tellerrand zu blicken.

alles fließt: Wie haben die Schüler den Tag im Nachhinein empfunden?

M. Erler: Als spannend und anstrengend. Auch die Schüler haben sich bedankt, waren aber ziemlich platt am Ende. Ich denke, gelernt haben wir alle aus dieser Aktion, und das stimmt mich glücklich.

alles fließt: Würden Sie eine solche Aktion wiederholen? Sind ähnliche Aktionen geplant?

M. Erler: Auf jeden Fall. Es gibt bei uns immer unterschiedliche Aktionen, die meistens auch die Jugend mit einbinden.

alles fließt: Mal etwas provokant gefragt: Warum macht man eine solche Aktion? Kundenbindung durch Sympathiepunkte? Reiner Spaß? Arbeitsersparnis?

M. Erler: Arbeitsersparnis? Auf keinen Fall. Kundenbindung? Im gewissen Umfang schon, allerdings ist auch immer die Sorge dabei, dass sich ein Schüler oder eine Schülerin daneben benimmt. Wobei uns das zum Glück bis auf einmal erspart blieb. Spaß? Nun ja, es macht uns allgemein große Freude mit Menschen zu arbeiten, und mit Kindern und Jugendlichen im Speziellen sowieso. Und natürlich ist es zu einem gewissen Prozentsatz auch Werbung und eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit den Schulen …

alles fließt: War das (auch) eine Marketingmaßnahme? Wie bereiten Sie sie dann nach?

M. Erler: Natürlich war es auch eine Marketingmaßnahme, die voll eingeschlagen ist. Pressetexte und ähnliches werden (wenn wir die Genehmigung haben) bei Facebook gepostet und im Laden ausgehängt. Wir besprechen die Aktion mit den Schulen und bitten die Schüler, eine Auswertung zu schreiben und/oder einen Artikel in der Schülerzeitung zu platzieren …

alles fließt: Eine sehr allgemeine Frage: Was denken Sie, braucht der Buchhandel von morgen außer Offenheit, um junge Menschen anzusprechen? Wie sieht die „Buchhandlung 2.0“ für Sie aus?

M. Erler: Der Buchhandel braucht vor allem den Mut, eine Buchhandlung zu bleiben. Wieso soll ich in eine Buchhandlung gehen, die spezialisiert ist auf Schulranzen, mir die Unterschiede zwischen einer Wii und einer Playstation genau erläutern kann, die weiß, welche Spiele IN sind und welche OUT, und mir das Buch geben kann, was ich eh schon will? Aber wenn ich eine Beratung möchte, soll ich mit einem „Kundenterminal“, oder, um genau zu sein, mit einem Computer reden? Wofür soll ich dann eigentlich meine gemütliche Couch verlassen? Meines Erachtens muss auch in Zukunft eine Buchhandlung ein Ort sein, der zum Verweilen und zum Stöbern anregt, der dem Kunden den Platz bietet, unentschlossen zu sein, und der ihm mit Sicherheit einen kompetenten und „um die Ecke denkenden“ Fachmann an die Seite stellt. Ob der Kunde diesen nutzt oder nicht, bleibt ihm selbst überlassen.

Ich denke, wir sollten bei allen Überlegungen, was wir anders machen sollten, nicht außer acht lassen, was wir gut machen und was uns vom Discounter mit der Buchabteilung unterscheidet. Denn das sind unsere wahren Stärken, auf die wir aufbauen können.

alles fließt: Wir danken Ihnen herzlich für das Interview und Ihre Offenheit!

"Something more than just selling books"

The critical point is to evolve your business into something more than just selling books.

Der wichtigste Satz aus Joe Wikerts Artikel „The Reinvention of the Bookseller“ bei O’Reilly. Sein Ansatz ist, in Buchhandlungen nicht nur den herkömmlichen Leser anzusprechen – sondern auch den neuen Autor: Aus dem Sortiment wird das Selfpublishing-Forum, das Leuten Starttipps und eine Plattform zum Austausch bietet.

Take a page out of Apple’s playbook and create a Genius Bar service for customers interested in self-publishing. Establish your location as the place to go for help in navigating the self-publishing waters. Remember, too, that most of the income earned in self-publishing is tied to services, e.g., editing, cover design, proofreading, and not necessarily sales of the finished product.

Ich halte das nicht für den Stein der Weisen, dazu passiert gerade beim Selfpublishing zu viel online – und dazu fehlt auch die Expertise in den Buchläden. Aber wichtig bleibt der eingangs zitierte Satz: Der Buchhändler muss – genau wie alle anderen Branchenteilnehmer – sein Geschäft zu etwas entwickeln, das mehr ist als Lettern auf totem Holz. Je nach vorhandenem Wissen und angepeilter Klientel braucht es dann nur noch die zündende Idee, daraus etwas zu machen. Und vielleicht ist Selfpublishing ja eine davon.

Amazon zeigt, wie wenig globalisiert selbst die Global Player sind

Man sollte denken, dass es egal ist, aus welchem freien Land der Erde man beim größten Online-Händler einkauft. Ist es aber nicht. Ein Kommentar von Dennis Schmolk

Eine Bestellung mit Hürden

Vor einigen Monaten bestellte ein Freund von mir Bücher bei Amazon.com. An sich ein guter Deal, denn lustigerweise sparte er trotz Einfuhrsteuern und horrenden Versandkosten fast 30% gegenüber einem Einkauf bei Amazon.de oder Amazon.co.uk. (Aus England wäre die Lieferung übrigens teurer als aus den Staaten, aber immer noch billiger als aus Deutschland gekommen.)

Als er mir das kleine Abenteuer erzählte, wie er zum Zoll pilgerte, mit den Herrschaften dort das Paket öffnete und seine Steuern beglich, fragte ich mich: Wieso bietet Amazon nicht einfach den gleichen Warenkatalog in jedem Land an, eben mit einberechneten Zusatzkosten für den Transport aus den Staaten? Es sollte sich dennoch Geld sparen lassen, wenn alle US-Bestellungen gemeinsam alle paar Tage per Schiff nach Europa verfrachtet werden. Erste Zweifel an der Globalisierung des Prototyps eines globalisierten Unternehmens kamen auf.

Warum ein Kindle weniger Auswahl bietet, als man annimmt

Diese Zweifel wurden noch verstärkt, als ich mir für mein Android die Kindle-App besorgte. Der Shop bei Amazon.de bietet zwar diverse, auch englischsprachige Literatur – teils deutlich günstiger als das günstigste Marketplace-Angebot für die Printausgabe. Aber leider muss ich darauf verzichten, in den Kindle-Shops anderer Nationen einzukaufen: Gratis-Promo-eBooks aus den USA bleiben mir verwehrt, und auch auf Neuerscheinungen muss ich warten. Falls diese denn überhaupt ihren Weg nach Deutschland finden.

Was ich denke, fasst Peter Köllner in seinem dieswöchigen Telepolis-Artikel zusammen:

Schließlich setzt sich im worst case dieses Geschäftsgebaren durch und am Ende wird es unmöglich sein, irgendwelche Bücher zu kaufen, die außerhalb der eigenen Landesgrenzen auf den Markt kommen – die Horrorvorstellung einer intellektuell parzellierten Welt, in der es womöglich ein ernstes Vergehen sein wird, Bücher zu schmuggeln.

Von Globalisierung keine Spur

Amazon ist eine wichtige Plattform – vom raschen Bücherkauf über das günstige Shoppen im Marketplace. Und der Kindle Store wird ebenfalls immer wichtiger: Für Self-Publisher, Vielleser und die Leute, die einen Kindle unter dem Weihnachtsbaum fanden.

Ich kaufe gern bei Amazon und denke (noch immer) darüber nach, mir einen Kindle anzuschaffen. Warum macht mir dieses Unternehmen die Entscheidung so schwer?

 

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