Buy-to-own or Pay-to-read? (Digitale) Buchinhalte kaufen oder "leihen"

Über das Modell der Onleihe (und die Branchenmeinung dazu) hat Hanna ja die Woche bereits gebloggt. Bei iHobo.com gibt es eine ähnliche Diskussion über Erwerbsmodelle für Games:

Talk about games in recent years has been dominated by the distinctions between the business models for games-as-products and games-as-services. But it may be helpful to also consider the purchase model that players have in their head when the approach a game: is it buy-to-own, or is it pay-to-play?

Die Ursprünge des Unterschieds macht der Autor Chris Bateman darin aus, dass Spieler zu Spiele-Marken konvertiert werden sollten:

Even before the formal games-as-service business model was in place, publishers were already operating on the basis of repeat business – a kind of product-as-service model that relied on getting players to buy into a brand, and to keep playing and buying in the future.

Als Beispiel führt er erfolgreiche Verlagsprodukte der 1970er Jahre an: Etwa die ersten P&P-Rollenspiele wie Dungeons and Dragons, deren Spieler bereit waren, Erweiterung um Erweiterung zu kaufen.

Das Modell hat also für Buchhandelsprodukte schon einmal funktioniert – und sollte auch weiter funktionieren: Egal, ob die Marke der Verlag ist oder – wahrscheinlicher – das Erzähluniversum, in das sich der Leser, Spieler, „Erleber“ einkauft. Ihm geht es um das Erlebnis, nicht zwangsläufig um den Besitz. (Dass das gerade im Rollenspielbereich häufig anders ist, weil man die Regelwerke und Quellenbände als Artefakte schätzt, ist mir natürlich aus eigener Erfahrung bekannt – dennoch gibt es Systeme, bei denen mir PDFs oder nur der Zugriff auf ihren Inhalt genügen würden. Wie wäre es mit einem PaperC für RPGs?)

Psychologisch unterscheiden sich beide Modelle der Nutzung, Bateman drückt das so aus:

“I buy the game”, the player feels, “I own the game, my game”. In the service model, this becomes “I play the game, I pay for the game” – there’s never a sense of it being their game, a situation directly parallel to the arcades.

Und die Lehre aus dem Ganzen?

The question facing many game publishers and developers now is: will we benefit from moving over to a service model, and can we make the transition? In some cases, the service model will make more sense – sports games like Madden with an annual update no longer make sense as boxed products[.]

Diese Frage sollte sich auch die Buchbranche stellen: Wo machen Leihmodelle mehr Sinn? Bei aktualisierbaren digitalen Inhalten (vom Reiseführer mit Stadtplan bis zum klassischen Inhalt von Loseblattsammlungen)? Bei transmedialen Inhalten? Bei veraltenden Informationen, die sowieso kein zweites Mal gelesen werden (und dazu zählen auch Rollenspiel-Regelwerke, deren Neuauflagen die alten ja ersetzen sollen)?

(via onlyagame)

eBook-Leihe nur als Zusatzgeschäft?

Da sind sie mal wieder: die Zweifler. Diesmal eher unerwartet in Person von Michael Roesler-Graichen, Redakteur beim Börsenblatt, der das Modell der kommerziellen eBook-Leihe kommentiert.

Pseudo-Flatrate als Chance

Im Grunde ist es keine Flatrate, trotzdem setzt sich der Begriff durch. Anbieter wie PaperC und Skoobe bieten eBooks nicht bzw. nicht ausschließlich zum endgültigen Kauf an, sondern zur Ausleihe – die Übertragung des Büchereiprinzips auf das Internet. Und an sich ist das eine gute Idee, ein vor allem bei Viellesern bewährtes Konzept auf das Internet zu übertragen. Das könnte dem noch immer stockenden eBook-Geschäft auch den Auftrieb geben, den man in Deutschland seit einigen Jahren erwartet, der aber bisher nur langsam vorangeht.

eBook-Wert umstritten

Aber was wären wir ohne das berüchtigte „Aber“? Dieses kommt hier in Form der Befürchtung der sinkenden Wertigkeit von eBooks. Dabei muss jedoch angemerkt werden, dass eBooks bis dato sowieso nicht als allzu hochwertig angesehen werden. Sehr viele Leser beschweren sich über die in ihren Augen zu hochpreisigen eBooks. Das ist ein klares Indiz dafür, dass eBooks als weniger wertig angesehen werden als ihr Preis den Eindruck vermittelt. Und natürlich ist der Preis nur eines von vielen Kriterien für die Wertigkeit eines Produkts, aber da das Standard-eBook bar jeder enhanced-Elemente und Zusatzleistungen ist, sollte man meines Erachtens in diesem Zusammenhang vorsichtig mit diesem Argument sein. Zweifelsohne verfügen eBooks über Wertigkeit, aber über das Ausmaß derselben bestehen zurecht Zweifel.

Kein Preisverfall in Sicht

Auch den angesprochenen potenziellen Preisverfall sehe ich nicht. Ausleihe ist etwas Anderes als Kauf: Das wissen alle Leiher und Käufer, und das ist online nicht anders als offline. Wenn die Onleihe in Form von Flatrates als Service angesehen und vor allem auch genutzt wird, ist das eine Methode, den eBook-Markt voranzutreiben. Bereits jetzt bremsende Argumente einzuwerfen und Flatrates als Zusatzgeschäft beschränken zu wollen, finde ich entschieden zu früh.

J. A. Konrath zu pornographischen Büchern

Der hier schon mehrfach zitierte Blogger und Autor Joe Konrath regt sich in seinem Blog darüber auf, dass Paypal und andere Unternehmen pornographische eBooks boykottieren:

It is not unfair if PayPal or Amazon doesn’t want to be associated with „Daddy’s BDSM Billy Goat Rape-A-Thon“ (which, incidentally, I would probably buy, as long as the goat wasn’t underage).

Though it isn’t censorship, and it isn’t unfair, I certainly do agree that it sucks. I’m not a fan of limiting choice. I dislike those who dictate morality. As a libertarian and a consumer, I should be able to get my smut where I want it, when I want it.

Und er schlägt auch gleich eine Lösung vor:

This isn’t a set-back for authors. This is an opportunity to corner a huge market. If online retailers can’t or won’t sell „Spank My Donkey, Mommy: A Barely Legal Tale of Non-Consent“ then artists need to stop complaining and figure out a way to sell it themselves.

There is an audience for this stuff. A big audience who is willing to pay. If the regular ebook outlets won’t take their money, find a way to get it on your own. Hint: see what the porn sites are doing and copy them.

Wie immer ein sehr launiger und lesenswerter Artikel – das Blog zu verfolgen lohnt sich!

Tablets 2012: Gaming und mehr

2011 wurde schon als „Jahr der Tablets“ angekündigt, 2012 soll es wieder werden, nachdem die Industrie anscheinend den Absatz nicht für ausreichend hielt, um diese Bezeichnung aufrecht zu erhalten.

[W]orldwide sales of media tablets (iPads and Androids) rose from 17.6 million in 2010 to 63.6 million in 2011 and are expected to grow to 103.5 million this year and to 326.3 million in 2015. (Gamasutra)

(Bildquelle: LGEPR @ flickr.com, Lizenz: CC-BY)

Nehmen wir an, Ende 2012 haben 300.000.000 Menschen weltweit einen Tablet mit ausreichenden technischen Spezifikationen, um zumindest teilweise der aktuellen Generation von Spielekonsolen Konkurrenz zu machen. Wie im Smartphone-Markt wird sich das auf iPads mit iOS und diversen Geräten mit Android-Systemen verteilen, dazu kommen zahlreiche speziellere Betriebssysteme, andere Unix-Derivate als Android und vermutlich auch das eine oder andere Windows-System. Die Frage ist: Woher kommen die Inhalte?

Das größte Problem der Android-Tablets ist aber weder die Hardware noch das Betriebssystem, sondern die fehlenden Inhalte. So entwickelt sich laut Amazon das Fire zum Verkaufsschlager in den USA [weil es] einen entscheidenden Vorteil [bietet]: Es greift auf die Multimedia-Inhalte von Amazon zu, also auf deren Film-, Serien-, Zeitschriften- und Bücherangebot – und das zu einem günstigen Preis. (Heise)

Die Inhalte sind zentral. Denn auf einem Tablet kommen diverse Content-Typen zusammen: von Videos über lineare Langtexte bis hin zu interaktiven Anwendungen wie Spielen. Im oben verlinkten Gamasutra-Artikel äußert sich der Manager eines developers für mobile Anwendungen:

Developers need to take advantage of tablets‘ continuous connectivity, their unique touchscreen-based control systems, their integrated features like push notifications, the freemium business model, and the „ultra-convenience“ of being able to get software at the app stores. He doesn’t see any of the current game consoles competing with the app stores in terms of their wide variety of freemium content and their ease of use of downloading and installing games.

Das gilt nicht nur für Games, das gilt in abgewandelter Form für viele Content-Typen, insbesondere, wenn viele Kanäle zu transmedialen Welten zusammelaufen sollen. Ich zitiere nochmal Thomas Zorbach:

[D]a stehen Buchverlage dann natürlich in Konkurrenz mit allen anderen Entertainment-Unternehmen, die auch Geschichten vermarkten – Film, Computerspiele etc. Die Unternehmen, die es schaffen über ihren Tellerrand zu blicken und Konvergenz herzustellen, werden gewinnen. Die Buchbranche hat hier den Nachteil, dass dort eben Buchliebhaber, sitzen, ohne das herabwürdigen zu wollen. Aber diese enge Bindung an ein Medium setzt Grenzen.

Dennoch erleben wir gerade eine Phase des Experimentierens und Herumprobierens in Sachen Transmedialität. Und ich kann nur jeden Verlag dazu ermutigen, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn es nicht gleich in der Kasse klingelt. Was jetzt zählt sind Erfahrungen, was machbar ist mit den neuen technischen Möglichkeiten, welche Leute man sich an Bord holen muss, ob man etwa einen Videospezialisten im eigenen Haus braucht, Leute, die sich mit Games auskennen, und dann zu sehen, welche Produkte, welche Erlebniswelten man anbieten kann.

Tablets sind die richtige Plattform, um hier zu experimentieren. Ich bin gespannt, wann es ein „Jahr des Tablets“ für die Buchbranche geben wird!

(DS)

Die Zukunft der Rollenspiel-Publikationen

Als leidenschaftlicher Rollenspieler – siehe mein Blog Cyclopean Citadels – verfolge ich natürlich auch die Blogosphäre zum Thema. Dort wird häufig über Publikations- und natürlich Produktpolitik diskutiert, aber auch über den Einsatz von Apps und neuen technischen Spielereien am Spieltisch.

Im Blog der Teilzeithelden geht es seit vorgestern um Angebot und Nachfrage von Rollenspiel-Büchern als eBook bzw. als PDF. Ein Auszug:

Als ich ange­fan­gen habe mit dem Rol­len­spiel gab es Regel­werke nur in einer Form: gedruckt. […] Das hat sich in den letz­ten Jah­ren geän­dert: Heute kann man sich in in vie­len Fäl­len aus­su­chen, ob man dem gedruck­ten Werk treu bleibt oder doch auf PDF umsteigt – vor­aus­ge­setzt, das Regel­werk exis­tiert als PDF.

Annika hat sich für ihren (langen) Artikel in diversen Foren umgehört und Meinungen eingeholt. Interessant ist die Erkenntnis, dass gerade Rollenspieler bereit zu sein scheinen, auch Geld für die Printversion auszugeben, wenn das PDF kostenlos verfügbar ist, etwa bei dem freien Malmsturm. Das hat mich nicht weiter überrascht, denn Rollenspieler legen häufig eine überdurchschnittliche Bibliophilie an den Tag. Eine spannende Frage: Warum wird im RPG-Bereich vor allem das PDF-Format verwendet? Annikas These dazu überzeugt mich nicht ganz:

Was ich per­sön­lich noch nicht gese­hen habe sind Regel­werke und Quel­len­bü­cher im E-Book-Format (epub). Ich nehme mal an das liegt daran, dass in sol­chen Regel­wer­ken viel mit Gra­fi­ken etc. gear­bei­tet wird, die auf einem sol­chen E-Book-Reader nicht so gut (wenn über­haupt?) dar­ge­stellt wer­den kön­nen. Sollte ich mich in mei­ner Annahme irren, könnt ihr mich gerne korrigieren.

(Dennis Schmolk)

Amazon zeigt, wie wenig globalisiert selbst die Global Player sind

Man sollte denken, dass es egal ist, aus welchem freien Land der Erde man beim größten Online-Händler einkauft. Ist es aber nicht. Ein Kommentar von Dennis Schmolk

Eine Bestellung mit Hürden

Vor einigen Monaten bestellte ein Freund von mir Bücher bei Amazon.com. An sich ein guter Deal, denn lustigerweise sparte er trotz Einfuhrsteuern und horrenden Versandkosten fast 30% gegenüber einem Einkauf bei Amazon.de oder Amazon.co.uk. (Aus England wäre die Lieferung übrigens teurer als aus den Staaten, aber immer noch billiger als aus Deutschland gekommen.)

Als er mir das kleine Abenteuer erzählte, wie er zum Zoll pilgerte, mit den Herrschaften dort das Paket öffnete und seine Steuern beglich, fragte ich mich: Wieso bietet Amazon nicht einfach den gleichen Warenkatalog in jedem Land an, eben mit einberechneten Zusatzkosten für den Transport aus den Staaten? Es sollte sich dennoch Geld sparen lassen, wenn alle US-Bestellungen gemeinsam alle paar Tage per Schiff nach Europa verfrachtet werden. Erste Zweifel an der Globalisierung des Prototyps eines globalisierten Unternehmens kamen auf.

Warum ein Kindle weniger Auswahl bietet, als man annimmt

Diese Zweifel wurden noch verstärkt, als ich mir für mein Android die Kindle-App besorgte. Der Shop bei Amazon.de bietet zwar diverse, auch englischsprachige Literatur – teils deutlich günstiger als das günstigste Marketplace-Angebot für die Printausgabe. Aber leider muss ich darauf verzichten, in den Kindle-Shops anderer Nationen einzukaufen: Gratis-Promo-eBooks aus den USA bleiben mir verwehrt, und auch auf Neuerscheinungen muss ich warten. Falls diese denn überhaupt ihren Weg nach Deutschland finden.

Was ich denke, fasst Peter Köllner in seinem dieswöchigen Telepolis-Artikel zusammen:

Schließlich setzt sich im worst case dieses Geschäftsgebaren durch und am Ende wird es unmöglich sein, irgendwelche Bücher zu kaufen, die außerhalb der eigenen Landesgrenzen auf den Markt kommen – die Horrorvorstellung einer intellektuell parzellierten Welt, in der es womöglich ein ernstes Vergehen sein wird, Bücher zu schmuggeln.

Von Globalisierung keine Spur

Amazon ist eine wichtige Plattform – vom raschen Bücherkauf über das günstige Shoppen im Marketplace. Und der Kindle Store wird ebenfalls immer wichtiger: Für Self-Publisher, Vielleser und die Leute, die einen Kindle unter dem Weihnachtsbaum fanden.

Ich kaufe gern bei Amazon und denke (noch immer) darüber nach, mir einen Kindle anzuschaffen. Warum macht mir dieses Unternehmen die Entscheidung so schwer?

 

Bildquelle: Creative Commons License Bestimmte Rechte vorbehalten von anjan58