Wie geht’s dem Nachwuchs? – Hintergründe zur neuen JVM-Umfrage

Bereits vor zwei Jahren gab es eine Umfrage, die herausfinden wollte, wie es um die Arbeitsbedingungen des Buchbranchen-Nachwuchses bestellt ist. Dennis und ich waren damals mit-verantwortlich und haben hier darüber berichtet. Da es jetzt eine neue Umfrage gibt, haben wir Tobias Mohr, der als Mitglied der AG Nachwuchsrechte im Verein Junge Verlagsmenschen die aktuelle Umfrage koordiniert, zu den Details und Hintergründen befragt.

Alles fließt: Hallo Tobias. Richtet sich die aktuelle Umfrage nur an die Brancheneinsteiger, die seit der Einführung des Mindestlohns am 1.1.2015 ihr Volo und/oder Praktikum absolviert haben?

Foto von Tobias Mohr (Fotograf: Thomas Hartmann)
Tobias Mohr (© Thomas Hartmann)

Tobias Mohr: Der Schwerpunkt liegt tatsächlich auf den Brancheneinsteigern, die seit der Einführung des Mindestlohns ihr Volontariat und/oder Praktikum absolviert haben. Wir wollen in erster Linie wissen, was der Mindestlohn verändert hat und damit eine Vergleichbarkeit zur ersten Nachwuchsumfrage von 2014/2015 herstellen. „Wie geht’s dem Nachwuchs? – Hintergründe zur neuen JVM-Umfrage“ weiterlesen

Link- und Medienliste: Schöne neue Arbeitswelt

Letztes Update: 14.10.2017

Mit der Arbeitswelt in unserer Gesellschaft steht’s nicht zum Besten. Das merkt auch die Buchbranche – Stichwörter: Gender Gap, Nachwuchs-Ausbeutung, befristete Verträge, Mikro-Honorare, einseitige Flexibilisierung (nämlich nur auf dem Überstundenkonto), Zeitarbeit, Automatisierung und „Rationalisierung“.

Viele kluge Menschen schreiben das Internet voll mit klugen Sachen über Arbeit. Damit die nicht einfach so verloren gehen, gibt es hier eine (zukünftig wohl sehr lange!) Liste mit Links zu diesen Dokumenten oder auch zu Quellen, die regelmäßig über „Arbeiten im 21. Jahrhundert“ schreiben. Wenn Klassiker fehlen oder ich etwas Neues nicht mitbekomme: Immer her damit 🙂

Anleitung: In ruhigen Minuten oder bei großer Frustration über den aktuellen Job einfach mal ein bisschen schmökern. (Bevorzugt während der Arbeitszeit.)

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Kundenorientierung aus der Hölle: Staples und GLS

tl;dr: Ich lasse ab jetzt die Finger von Staples.de und allgemein von Services, die nur per GLS versenden. Amazon+DHL funktioniert einfach.

Disclaimer: Ich bin gerade Wutbürger, daher ist das hier ein Rant. Entsprechend subjektiv und verallgemeinerungsresistent sollte das hier gelesen werden. Wenn man denn nicht (vernünftigerweise) allgemein die Augen von Rants fernhält. (Rants sind ja meistens nur für den Verfasser relevant und emotional bedeutsam.) Festhalten möchte ich, dass ich mit den meisten Webshops schlechte Erfahrungen gemacht habe, wenn sie nicht Amazon hießen und mit DHL verschickten. Staples/GLS ist nur ein Beispiel.

Neulich musste ich eine knappe Stunde Weg zurücklegen, um ein Paket abzuholen, das GLS bei einer Wäscherei abgeliefert hatte. Das ist an sich schon nicht schön, aber, und jetzt wird es philosophisch: Da steckte ein verkorkstes System dahinter.

Bestellt hatte ich am Sonntag, im Vertrauen auf den Website-Hinweis: „Bei einer Bestellung vor 16:00 Uhr erfolgt die Lieferung regelmäßig innerhalb von 24 Stunden.“ Leider war dem nicht so, am Montag erhielt ich nur die Versandbestätigung und Lieferankündigung. Leider war der Dienstag schon verplant, und eine „Umbestell“-Möglichkeit fand ich nicht. Erste Mail an Staples mit Rückfrage, warum sich der Versand verzögert: Bis heute keine Antwort.

Am Dienstag kam ich irgendwann heim, konnte ein anderes Paket (DHL) bei einem Nachbarn abholen, und fand die bestellte Ware von Staples vor der Tür, in einem riesigen Karton. Im Briefkasten der Hinweis, dass die Ware bei einem Nachbarn abgegeben wurde. Seltsam. Paket ausgepackt und siehe da: Ein Teil der Lieferung fehlt. Da ist nur ein Flipchart, nicht die Blöcke. Also beim Nachbarn, der auf der Benachrichtigung stand, nachgefragt. Da steht nichts mehr. Zweite Mail an Staples: Bis heute keine Antwort.

Am nächsten Tag, also Mittwoch, fand ich dann einen weiteren Benachrichtigungszettel im Briefkasten, dass ich ein Paket bei einer Wäscherei abholen solle. Kurz meine Kombinationsgabe getestet: Das müssen die Blöcke sein. Keine Mail an Staples, die antworten ja eh nicht.

Am Freitag habe ich dann das Paket in der Wäscherei abgeholt – siehe, es sind die Blöcke.

Ich fasse zusammen: Ich bestelle bei Staples in der Annahme, die Ware würde am nächsten Werktag (=Montag) geliefert. Dem ist nicht so: Montag kommt nur die Paketankündigung. Dienstag bin ich nicht da, als die Lieferung in zwei Paketen kommt (ich hatte es ja auch für Montag erwartet). Der faule GLS-Bote (Achtung! Stereotyp!) lässt das größere der Pakete da, nimmt das kleinere wieder mit und stellt es eine halbe Autostunde und eine volle ÖPNV-Stunde entfernt ab. Hätte ich nicht eine Woche Urlaub gehabt, wäre meine Ware vermutlich nie zu mir gelangt.

Und was lernen wir daraus? Wir bestellen ab jetzt alles und jedes mit Amazon Prime. Da kann man DHL an Packstationen oder auf Wunschtermine verschieben lassen, kann auch einfach mit etwas Köpfchen so bestellen, dass die Ware wie gewünscht ankommt, und die Postboten von DHL machen auch keine so merkwürdigen Scherze wie die halbe Lieferung abzustellen und die andere Hälfte wieder mitzunehmen (um den Kunden zu ärgern?).

Ich bin kein reiner Verfechter von Amazon, viele Punkte sehe ich kritisch; aber eines hat man da kapiert: Man sollte dem Kunden ein angenehmes Erlebnis verschaffen. Und das kriegen die komischerweise immer hin. Liebe GLS und Staples dieser Welt: Ihr steht unter massivem Konkurrenzdruck. Nehmt euch das mal zu Herzen und tut zumindest, was ihr könnt: Informiert den Kunden (DHL schickt mir immer Mails mit dem Status meiner Lieferung). Antwortet auf Mails. Macht keine merkwürdigen Dinge. Arbeitet kundenorientiert. Aber das sind so Sachen, die man den Buchbranchenakteuren auch jahrelang zurufen konnte, ohne jeden Erfolg. Ich vermute also nicht, dass es bei euch fruchtet.

An wem liegt das Problem nun? Staples? GLS? Mir ist das offen gestanden völlig egal. Ich habe immer die Wahl, Amazon zu nehmen, also tue ich das ab jetzt auch.

PS: Auf der GLS-FB-Seite gibt man sich (bei den Kundenfragen, nicht bei den Inhalten) Mühe. Aber dadurch wird ein schlechtes Produkt halt leider nicht besser.

Kleiner Pressespiegel zum Themenkomplex Nachwuchsrechte

Update 17.12.2016: Es gibt nun eine Neuauflage der Umfrage (Blogartikel dazu). Bis zum 15.1. werden Daten gesammelt, wie die Situation nach dem Mindestlohngesetz ist. Ergebnisse dann in Leipzig.

Das Thema ist ja nicht ganz neu: Frustrierte Volontäre, Praktikanten und andere sind seit Jahren immer wieder kurz präsent, dann wieder weg. Schon 2013 hatten wir mal eine Blogparade gemacht. (Mein Lieblingsbeitrag kam von Steffen.)

Um dem Thema etwas mehr Nachhaltigkeit zu verleihen und es vor allem unabhängig von lauten Einzelfällen empirisch zu untersuchen, haben wir mit den Jungen Verlagsmenschen im Dezember und Januar 14/15 eine Umfrage unter dem Branchennachwuchs durchgeführt. Deren Ergebnisse wurden auf der Leipziger Buchmesse präsentiert und fanden einiges Echo. Hier ein kurzer Überblick:

Zur Situation des Branchennachwuchses: Survey der JVM

Wir hatten das Thema „Faire Behandlung des Nachwuchses“ hier ja schon öfter. Generation Praktikum, Digital-Native-Werkstudenten, unterbezahlte Volontariate. Alles nichts Neues.

Bei den Jungen Verlagsmenschen haben wir vor einiger Zeit eine kleine AG zum Thema Fairness, Brancheneinstieg und Co. gegründet. Damit wir wissen, ob wir die einzigen sind, die sich aufregen, oder ob es im Buchbranchennachwuchs allgemeinen Unmut gibt (wovon wir ausgehen), haben wir eine Umfrage gebastelt:

bit.ly/jvm7agn

Ziel der Umfrage ist, zu klären, unter welchen Bedingungen Brancheneinsteiger arbeiten. Unser Schwerpunkt liegt dabei – auch aufgrund der aktuellen Mindestlohndiskussion – auf der Situation gegenwärtiger oder ehemaliger Volontäre. Aber auch alle anderen Nachwuchskräfte sind herzlich eingeladen, ihre Erfahrungen zu schildern!

Wir freuen uns über zahlreiche Teilnahmen und Verbreitung in euren Netzwerken!

Amazons neue Crowdsourcing-Plattform heißt "Kindle Scout"

Unter https://kindlescout.amazon.com/submit kann man die erste Ankündigung der neuen „Crowdsourcing“-Scout-Plattform besehen. Amazon baut dann aus den übermittelten Inhalten, also einem unveröffentlichten Manuskript plus eigenem Cover, eine „Kampagnenseite“, für die es ebenfalls schon ein Beispiel anzusehen gibt. Laut Ankündigungs-Mail werden in den kommenden Wochen dann Leser eingeladen, die das Werk bewerten uns darüber entscheiden, wer einen Verlagsvertrag bekommt. Die Konditionen in der Übersicht:

  • a publishing contract
  • Selected books will be published by Kindle Press and receive 5-year renewable terms
  • $1,500 advance
  • 50% eBook royalty rate
  • easy rights reversions
  • featured Amazon marketing

Mit 50% liegt Kindle Scout dann offenbar unter dem KDP-Durschschnitt.

Header der neuen Scouting-Plattform: Das Bild heißt „Hero_submit.jpg“

Hier die Mail an Autoren im Volltext:

Dear Author,

Thanks for your interest in Amazon’s new publishing program. We want you to be the first to know it’s called Kindle Scout and we’re now open for submissions in select genres!

Kindle Scout is reader-powered publishing for new, never-before-published books. It’s a place where readers help decide if a book receives a publishing contract. Selected books will be published by Kindle Press and receive 5-year renewable terms, a $1,500 advance, 50% eBook royalty rate, easy rights reversions, and featured Amazon marketing.

We will be inviting readers to join and nominate books in a couple of weeks. Submit your book today!

Rhetorik-Workshop der @J_Vm auf der #LBM14

Heute bat mich Lena Augustin, auf eine Veranstaltung hinzuweisen, die im Rahmen des Karrieretages auf der Leipziger Buchmesse stattfinden wird. Das tue ich aus zwei Gründen gerne: Erstens sind Nachwuchsevents immer einen Hinweis wert, und zweitens habe ich den Referenten Stefan Rieger noch aus Unitagen in guter Erinnerung. Seine Rhetorikkurse waren lehrreich und haben viel Spaß gemacht. Trotz (eher symbolischer) Teilnahmegebühr kann ich nur empfehlen, sich anzumelden! 

Jetzt rede ich

Der Schauspieler, Sprecher und Musiker Stefan Rieger vermittelt, wie Ihr Euch mit Hilfe Eurer Stimme gekonnt in Szene setzt. Dabei stehen praktische Übungen im Vordergrund. Ihr trainiert, wie Ihr professionell mit Eurer Stimme umgeht und authentisch, überzeugend und sicher klingt. Ihr erfahrt, wie Ihr von anderen wahrgenommen werdet und wo Unterschiede zu Eurer Selbstwahrnehmung liegen. Thematisiert werden beispielsweise Stimmsitz, Artikulation, Atmung und Körpersprache. So vermittelt der Workshop in kleiner Runde (10 Teilnehmer) und lockerer, ungezwungener Atmosphäre Selbstbewusstsein, das man nicht nur im Bewerbungsgespräch braucht.

Es wird zwei Workshops geben. Einmal von 10:30 Uhr bis 13:00 Uhr und einmal von 14:00 Uhr bis 16:30 Uhr, jeweils im Seminarraum 6/7 (CCL) . Der Teilnahmebeitrag beträgt 5 Euro für Junge Verlagsmenschen und 10 Euro für Nichtmitglieder.

Weitere Infos und Anmeldung bis zum 02.03.2014 unter leipzig@jungeverlagsmenschen.de

Gruppenfoto eines Kurses bei Stefan Rieger. (c) Lena Augustin

 

Zwei Rezeptionsbefehle: Weltbild, Wattpad und die Zukunft

Da mir gerade für einen langen Artikel Zeit und Gesundheit fehlen, nehme ich meine Aggregatorenrolle als Blogger wahr und verweise auf einen spannenden Podcast und einen lesenswerten Essay:

  • Jochen Krisch und Marcel Weiß diskutieren in „Exchanges #37“ das Ende von Weltbild und – gesondert – das Thema Goodreads, Wattpad, Social Reading. Eine sehr inspirierende Stunde!
  • Die Branche im Wandel – Die Zukunft der Buchindustrie“ ist ein medientheoretischer Essay von drei profunden Autoren, die u.a. diskutieren, was der „Kern“ der „Buchbranche“ ist und wo es hin gehen kann. Klingt nach der 31. Neuauflage des Themas „Werdet innovativ!“, ist aber schön aufbereitet und liefert einige Anregungen.

protoTYPE geht 2014 in die dritte Runde

Ich war damals 2012 bei der ersten Runde dabei und fand protoTYPE spannend und lehrreich. Inzwischen hat sich das Projekt von AKEP und Forum Zukunft deutlich weiterentwickelt. Wer dabei sein möchte findet hier alle Infos:

Kreative Köpfe gesucht: Anmeldung für protoTYPE 2014 startet am 8. Januar

Ab heute, den 8. Januar 2014, sucht protoTYPE wieder Ideengeber für innovative Projekte und neuartige Lösungsansätze. Unter dem Motto „Schluss mit reden, Zeit zu handeln!“ richtet sich protoTYPE an alle Vor-, Quer- oder Nachdenker der Buch- und Medienbranche, die Lust haben Neues auszuprobieren. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 beschränkt, Anmeldeschluss ist der 4. Februar 2014.

Im Zentrum des Projekts steht die Suche nach neuen Produkten, Dienstleistungen oder Verfahren. Zum Auftakt treffen sich die Teilnehmer während der Leipziger Buchmesse (15./16. März). Am Ende des Wochenendes stehen die Projekte fest, die über die nächsten sechs Monate weiter entwickelt werden. Jedes Team wird von einem erfahrenen Branchenexperten begleitet: 2014 sind dies Miriam Hofheinz (Bookwire), Volker Oppmann (LOG.OS), Prof. Dr. Okke Schlüter (HDM Stuttgart) und Dr. Harald Henzler (smart digits).

Den Abschluss findet protoTYPE im Oktober 2014 zur Frankfurter Buchmesse. Ziel ist die Entwicklung „echter“ Projekte, die später innerhalb der Branche zur Anwendung kommen und so real die Zukunft beeinflussen können.

protoTYPE ist eine Initiative des Forum Zukunft und des Arbeitskreises Elektronisches Publizieren (AKEP) im Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Dabei stellt der Börsenverein die nötige Infrastruktur für den kontinuierlichen Austausch der Teams, das Projektmanagement und die Moderation für die Innovationsprozesse zur Verfügung.

Zur Anmeldung: https://www.innovation-prototype.de/?page_id=3067

KiWi macht sich beliebt: Volontariatsanzeige sorgt für Unmut [Update]

Auf Facebook macht seit einigen Tagen ein Blogpost vom 11.9. die Runde. Darin schildert Max Pahl, über den ich bei einer raschen Recherche leider nicht viel mehr fand, als dass er Philosophie und Germanistik studiert habe, wie es ihm bei einem Telefonat mit Kiwi erging. Er hatte dort wegen einer Stellenanzeige angerufen, die 500 Euro brutto (damit handelt es sich also um eine nicht sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle) sowie eine „Verpflegungspauschale“ anbot. Die stellte sich allerdings eher als Lachnummer heraus:

Es gebe kein Gehalt, sondern Essensmarken aus Papier, die man in umliegenden Geschäften eintauschen könne. […] Im zweiten Moment erfuhr ich den Wert der Marken: 1 Euro pro Marke und Tag! Macht nach Aussage der Dame in der Summe – warum auch immer – 22 Euro pro Monat.
Ungläubig fragte ich nach: “Der Verpflegungszuschuss beträgt 22 Euro im Monat?” – “Ja”, sagte die Dame, das sei eine freiwillige Leistung von Kiepenheuer & Witsch.

[…]

Ich bedankte mich und legte auf – FASSUNGSLOS! Fassungslos, dass andere – man selbst, die Eltern, Kreditgeber und damit wieder man selbst – die Arbeit bei Kiepenheuer & Witsch subventionieren sollen, denn nichts anderes passiert, wenn man Kiepenheuer & Witsch Vollzeit zur Verfügung steht, aber dazu noch die Differenz von Lebenskosten und Lohn aufbringen muss. Man trägt 40 Stunden zum wirtschaftlichen Erfolg von Kiepenheuer & Witsch bei, erhält aber selbst nicht so viele Stunden von ihnen ausbezahlt – es sei denn, man beziffert den Netto-Stundenlohn mit 3,26 Euro. Damit vergüten andere die Arbeit für Kiepenheuer & Witsch – so einfach ist das. (Und keiner soll mir kommen, dass man “ja was lerne und nicht richtig arbeite”!)

So ist das. Und irgendwie ist es traurig, dass man sich kaum mehr darüber aufregt, sondern einfach akzeptiert hat, dass man als Branchennachwuchs im Verlagsbereich zu den working poor gehört. Kiwi bietet in der Presse und der Online-Abteilung generell nicht mehr Geld, wie man diesen beiden Ausschreibungen entnehmen kann – nur im Lektorat bezahlt man den „inoffiziellen Branchentarif“ von 1000.-. (Im Zeitungs-Pressebereich liegt der Tarif deutlich höher.)

Unbenannt

Ebenfalls traurig, dass Kiwi ausgerechnet der Verlag ist, in dem Günter Wallraff seine Enthüllungen über Arbeitsbedingungen schildert. Spannend dagegen, welche Resonanz Max Pahls Blogpost ausgelöst hat (siehe die Kommentare dort).

 

[Update, 27.09., 17 Uhr:] Kiwi hat reagiert und eine Stellungnahme veröffentlicht, die eine gewisse Verbesserung für die untersten Lohnriegen verspricht. Auf meine Rückfrage bie Facebook wurde leider noch nicht reagiert:

Stellt ihr jemanden auch richtig ein, der kein Volontariat absolviert hat? Das wäre nämlich die logische Konsequenz. Wenn es um „reinschnuppern“ geht, dann ist ein Volo keine Ausbildung, sondern ein Orientierungsangebot; wer bereits studiert hat, braucht keine Ausbildung mehr, sondern eine Einarbeitung im Rahmen einer richtigen Stelle. Folgerichtig dürftet ihr Volos nur an Studenten vergeben, am besten in Kooperation mit den Hochschulen. Und wer einen Abschluss hat, sollte eine richtige Stelle bekommen, die zur „tragfähigen Vollexistenz“ befähigt. Oder sehe ich das falsch?

Insgesamt hat die Stellungnahme nur bedingt die Wogen geglättet. Eie erste Kommentarlese (meist von Facebook, bei Kiwi selbst kann man natürlich nicht kommentieren):

  • „- sollte man nach einem abgeschlossenem Studium nicht zumindest seinen Lebensunterhalt bestreiten können?“ (Julia Streit)
  • „Sie können nicht mehr zahlen? Es ist nicht möglich? Dann ist es mir auch nicht möglich, ihre Bücher zu kaufen. Die Ausbeutung in der Medienbranche muss aufhören! Es kann nicht sein dass man mit bei McDonalds mehr verdient als in einem renomierten Verlag.“ (Paul Wehpunkt)
  • „Paraphrasiert heißt das: „Unser Volontariat war eigentlich ein Praktikum und daher auch schlecht vergütet.“ Amüsant Erklärung. Letztendlich natürlich aber auch egal, denn rächen wird sich diese Praxis am Ende nur für KiWi selbst, wenn die wirklich fähigen Absolventen zu anderen Verlagen gehen, weil sie für €800 netto im Monat in einer Stadt wie Kön kaum über die Runden kommen.“ (Patrick Lohmeier)
  • „Und abschließend noch ein Satz dazu, dass angeblich kein Geld da wäre. KiWi gehört der Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. KG- 2,145 Mrd€ Umsatz in 2011….“  (Malte)
  • „Hier steht nun also explizit, dass Bewerber mit abgeschlossenem Studium dem Verlag nicht mehr wert als 1000 € im Monat sind. Dafür hilft man ihnen dann, im Anschluss eine Stelle bei ANDEREN Verlagen zu finden, weil bei KiWi sowieso keine Übernahmechance besteht. Ah ja.“ (Daniel Seebacher, mein Ko-Autor und Mitgründer bei Quo Vadis Buch)
  • „Nach heftiger Kritik will der Kölner Verlag Kiepenheuer und Witsch (KiWi) das Gehalt für Volontäre in der Presse- und Online-Abteilung erhöhen. Das ursprüngliche Bruttogehalt von monatlich 500 Euro solle auf 1000 Euro verdoppelt werden.“ (3SAT)