"Tigerenten leben gefährlich": Ein neues Blog für den Nachwuchs

Seit einigen Tagen füllt sich ein Projekt mit Inhalten: Seit den Buchtagen wird ein Branchennachwuchs-Blog geplant, das nun an den Start gegangen ist. Einen sehr lesens- und verlinkenswerten Beitrag gibt es auch schon. Frank Krings schreibt in seinem Artikel „Tigerenten leben gefährlich“ über das, was ich „Kinderlektorats-Phänomen“ nenne: Diffuse Vorstellungen in weiten (?) Teilen des Branchennachwuchses, was denn der zukünftige Beruf werden soll. Häufig fällt dann das Stichwort „Kinderbuchlektorin!“.

Ich hatte zB einmal vor einem Seminar von Irgendwas-mit-Büchern-Studenten referiert, in dem nicht ein Einziger auch nur eine Ahnung von Ebooks, digitalem Publizieren oder den Sinn von Apps hatte. Dafür hatte jeder von ihnen ein Bekenntnis zur “Liebe zum Buch” (nur das Papierbuch natürlich) auf den Lippen und eine Berufsvorstellung, die mit “kitschig” noch freundlich umschrieben ist. Mich erinnerte diese (zu 99% weibliche) Gruppe an Studentinnen, die wir in den 90ern die “Tigerenten-Fraktion” nannten: Brav, das Gegebene hinnehmend und mit einer romantisch-kindlichen Haltung zum Studien-Objekt.

Frank, gewohnt positiv (?), nennt aber auch ein paar Gegenentwürfe:

Crossmediale Rechtehändler, Project Manager für Buch-Apps, Community Manager, Gamification-Experten für Lernbücher, Designer immersiver Erlebniswelten in Buchläden und und und.

Man darf sehr gespannt sein, was uns in diesem Blog noch erwartet. Wenn mir mal die Zeit bleibt, mehr als nur kommentierte Links zu bloggen, beteilige ich mich dort vielleicht auch mal. Vielleicht mit einem Beitrag zur Bezahlsituation in der Branche und besonders gegenüber dem Nachwuchs. Denn wenn sich die nicht bessert, bleibt der Branche vermutlich nur der Tigerenten-Nachwuchs: Die Leute, die „crossmedial“ o.ä. denken, wandern dann dorthin ab, wo sie ihre (berechtigte) Liebe zu Medien auch in ein bisschen Geld ummünzen können.

David Armano über die Zukunft sozialer Medien – und die Rückkehr der Intimität

David Armano ist bei der Washington Times im Interview über die Zukunft sozialer Medien.

Spannend sind seine Aussagen über „Tools“, die man im Auge behalten soll – solche nämlich, die nicht weitere Verbreitung versprechen, sondern Intimität:

A social network called Path limits your friend count to no more than 150 connections. It’s gaining momentum partially as the result of „social overload“ from large networks where our friends have begun to over promote themselves. It’s adding some intimacy back into social networking and it combines an exceptional mobile interface which does neat things like including song recognition software so you can share what you are listening to. Another social platform called „Pair“ is also mobile centric, but limits interactions between you and only one other person. In an overly connected world, both these platforms act as an oasis or refuge for highly active digital types who crave connectivity but value quality and intimacy.

Den Overload kennen wir alle, wir werden ihn so sicherlich auch nicht vollständig abstellen. Aber Ruhepunkte, „Oasen“, sind nötig. Ob man dazu neue „Tools“ braucht (und wie lange es dauert, bis die jetzigen Großen Player solche Gatekeeper-Automatismen einführen), wird sich zeigen, aber dass die Kommunikation wieder persönlicher und zielgerichteter wird, kann ich mir gut vorstellen. Die Circles von G+ waren ja auch ein Schritt in diese Richtung.

Die Bundeswehr zu Social Media

Die Bundeswehr äußert sich dazu, wie sich ihre „Angehörigen“ in sozialen Netzwerken verhalten sollen. Das sind zwar alles Allgemeinplätze, aber auch die haben viele Menschen nötig. Die genauen Inhalte unter den Stichpunkten

1. Trennung zwischen beruflicher und privater Nutzung

2. Eigenverantwortung

3. Transparenz und Ehrlichkeit

4. Gesetzliche Regelungen sind immer zu beachten

5. Respekt

6. Qualität und Souveränität

finden sich bei augengeradeaus.net.

(via golem.de)

 

Ist die Frage nach dem ROI von Social Media erlaubt?

Angeregt durch einen Artikel in Living The Future habe ich mich mit dem Thema ROI (= Return on Investment) im Bereich Social Media befasst und mir gleich ein Buch von Olivier Blanchard dazu beschafft. [Inwieweit man mit Online-Themen in Büchern gut aufgehoben ist, ist auch eine Frage, aber bislang fahre ich mit diesem Verhalten noch recht gut.] Die deutliche, aber begründete Meinung des Verfassers Uwe Hauck sieht so aus:

Wir reden von SOCIAL Media, nicht von Vertrieb. Wir reden von Kommunikation, von Gesprächen auf Augenhöhe. […] Das alles kostet Geld das man nicht irgendwo in die weiteren Verkäufe direkt einrechnen kann. Aber es bedingt eine stärkere Kundenbindung, bewirkt, dass die Reputation (einer der wichtigen Werte im sozialen Netz) steigt und somit das Unternehmen und seine Produkte positiver besetzt werden.

Wenn man das Thema rein aus Verkaufssicht betrachtet, ist dem Kommentar uneingeschränkt zuzustimmen. Olivier Blanchard zieht den Bogen im Buch jedoch etwas weiter und sagt, dass die Messung von Social-Media-Aktivität immer an (vorher festgelegten) Unternehmenszielen ausgerichtet sein muss.

Messung von Reputation

Geht man hier in den Bereich Reputation Management, ist die Begeisterung Blanchards für die vielen, neuen Messinstrumente mehr als verständlich: Messungen im Bereich Reputation waren bislang eine eher langwierige und undurchsichtige Angelegenheit – mittels Social-Media-Tools können Unternehmen, auch in zeitlicher Hinsicht, den Überblick über zumindest einen Teil der Kundenmeinungen gewinnen sowie konkrete und unmittelbare Rückmeldung erhalten, auf die sie eingehen und reagieren können. Das ist ein enormer Fortschritt, den man wohl auch erst lernen muss, entsprechend zu nutzen.

ROI sinnvoll im Marketing?

Was heißt das jetzt? ROI ist meines Erachtens allgemein ein schwieriger Punkt, wenn es um Marketing geht. Da in der Regel mehr als nur eine Kampagne bzw. Kommunikationsmaßnahme parallel laufen, kann man fast nie genau aussagen, welche davon den gewünschten Erfolg (oder auch Misserfolg) bringt. Ähnlich ist es bei Marketing im Web: Man gewinnt zwar konkretere Eindrücke als zuvor, aber ob man immer direkte Rückschlüsse auf den Erfolg einer bestimmten Kommunikationsmaßnahme ziehen kann, ist fraglich. Nichtsdestotrotz gibt es immer mehr Instrumente, um diese Eindrücke fundiert zu betrachten, zu verifizieren und auszuwerten – entsprechend sollte man das Thema zwar entsprechend betriebswirtschaftlich angehen, aber nicht rein aus verkaufstechnischen Gesichtspunkten bewerten.

Social Media, Social Reading: Zwei Links zum Wochenende

  • Bei netzwertig lesen wir „Wie die Buchwelt und das Netz sich langsam kennenlernen“ von Alexander Vieß. Ein interessanter Artikel zu Social Reading-Modellen. Darum ging es auch auf  einer Veranstaltung bei der Cebit – und darum könnte es auch bei protoTYPE gehen. Auf das projekt bin ich schon sehr gespannt – morgen in einer Woche geht es los.
  • Eine launige Replik auf die auch hier von Hanna bebloggte „German Social Media Angst“ gibt es bei den Sozialtheoristen von Stefan Schulz. Die Quintessenz: „Umso mehr sich über konkrete Rezeption erfahren lässt, desto deutlicher wird: Kaum eine Annahme darüber, wie Medien wirken, lässt sich bestätigen.“

Ein schönes, noch stress- weil messefreies Wochenende allen Lesern!

Haben wir Angst?

Klaus Eck, Autor, Blogger und Reputation Manager, konstatiert in einem Interview eine „Social-Media-Angst“ in Deutschland:

Warum nutzt immer noch nur die Minderheit der Deutschen soziale Netzwerke?

Sie haben einfach pure Angst. In Deutschland frägt man sich immer „was kann ich falsch machen, wie kann ich mich am besten zurücknehmen“. Aus diesem Grund neigt man nicht dazu, sich in die Arme der Datenkraken der Welt zu werfen, sondern man sagt sich „dann mach ich lieber gar nichts, bevor ich etwas falsch machen kann“.

Sicherlich hat Klaus Eck mit der allgemeinen Tendenz, dass die Nutzung von Social Networks in Deutschland ausbaufähig ist, nicht ganz Unrecht. Aber grundlegender ist meines Erachtens die Frage, wo denn die gefühlte Angst herkommt bzw. was die Gründe dafür sind, dass viele Menschen so zurückhaltend sind.

  • Sind es wirklich datenschutzrechtliche Bedenken? Denn wenn es diese wären, könnte man sie Verweigerern nur schwerlich als Angst vorwerfen, da sie letztendlich in vielen Punkten gerechtfertigt sind.
  • Ist es bis zu einem gewissen Grad nicht einfach Desinteresse? Die Nutzung von Social Media ist keine Bedürfnisbefriedigung im engeren Sinne – jemandem, der ein Nice-to-have nicht nutzt, Angst vorzuwerfen, ist sicher zu weit gegriffen.

Die Grundaussage des Interviews ist trotzdem kaum abzustreiten – es gibt zweifelsohne Nationen, die neue technische Entwicklungen schneller und umfassender in ihr Leben integrieren. Aber es ist falsch, den Eindruck zu erwecken, als handle es sich hierbei um einen Status Quo, weil wir Deutschen eben so ängstlich und langweilig sind. Viel wichtiger ist doch, dass sich in den letzten Jahren, auch im Bereich der Sozialen Netzwerke, vieles getan hat – und weiter tun wird. Trotz diverser Verzögerungen bin ich immer wieder dankbar, dass in Deutschland eben nicht jede Erfindung samt Hype unübersehen übernommen wird. Im Hinblick auf diese Testfunktion ist eine gewisse Angst sogar recht nützlich.

Wo endet privat, wo beginnt öffentlich?

Ein Kommentar zu verschwimmenden Grenzen von privat und nicht-privat im Social Web von Hanna Hartberger.

Wie schützt man seine Privatheit im Internet? Kann man sie überhaupt schützen? Viele Menschen entscheiden sich in diesem Bereich für eine der Extremlösungen: Entweder gar nicht im Internet präsent sein oder gleich ihr gesamtes Leben dort leben. Beides nachvollziehbare Ansätze, wenn auch meines Erachtens nicht die Ideallösung. „Wo endet privat, wo beginnt öffentlich?“ weiterlesen

Das Ich im Netz

Bei jeder zumindest halbwegs professionellen Social-Media-Präsenz tritt irgendwann die Frage nach dem roten Faden auf – dem, was einen zur Marke macht. Ist man Experte für Hundezüchtung oder doch eher Partyguru? Wofür wird man von Freunden, „Freunden“ und Followern wertgeschätzt? Eine Reflexion von Hanna Hartberger

„Das Ich im Netz“ weiterlesen

Wer kann und wer nicht kann

Ein Kommentar von Hanna Hartberger zu technischer Kompetenz in Zeiten von Social Media

So sehr ich aus datenschutztechnischen und einigen weiteren Gründen Facebook bedenklich finde, verbirgt sich dahinter eine beachtliche Leistung: Alle nehmen daran teil. Es ist keinerlei technisches Know-how notwendig, um alle Welt über seine Gedanken und Gefühle – seien sie noch so privat – auf dem Laufenden zu halten. Facebook hat viele Hemmungen abgebaut, die in Zeiten von Web 2.0-Anfängen noch vorhanden waren. Jeder, jeder und wirklich jeder kann alles tun, was Facebook bietet, und dabei an einem Community-Gefühl gigantischen Ausmaßes teilhaben. „Wer kann und wer nicht kann“ weiterlesen