Crowdfunded Wettbewerb zur Zukunft des Urheberrechts

Netzpolitik berichtet über ein indiegogo-Projekt, das den Preis für den Gewinner eines Artikelwettbewerbs crowdfunded:

This is a contest for the best work about the future of copyright. The idea is simple:

  • You set the prize by supporting this project.

  • People submit their works for the contest. The deadline is 1st July 2013.

  • Independent jury consisting of Mike Linksvayer (part-time Senior Fellow at Creative Commons),  Joe McNamee (Executive Director od EDRi) and  Jérémie Zimmermann (spokesperson and co-founder of the La Quadrature du Net) and Jarosław Lipszyc (Modern Poland Foundation, contest organizer) chooses the winner. The decision will be announced on 24th July 2013.

  • The winner gets the prize. Society gets a number of fresh proposals that will help shaping up the copyright system of tomorrow.

Die entstehenden (oder zumindest die siegreichen) Publikationen werden danach online und frei zugänglich veröffentlicht.

"Neue Urheber statt neue Gesetze": Vortragsmitschnitt von literaturcafe.de

literaturcafe.de hat einen sehr hörenswerten, eindreiviertelstündigen Vortrag von Wolfgang Tischer online gestellt, in dem es um Gegenwart und Zukunft des Urheberrechts und vor allem der Urheber geht. Der Vortrag ist unideologisch, unparteiisch und kritisch:

[Dies ist] kein Vortrag zum Thema »Raubkopien«. Es wäre kein Problem, einen Abend zu gestalten und mit Studien zu belegen, wie schlimm das Ganze ist und welche Verluste dadurch für die Kreativen und die Kreativwirtschaft entstehen. Man könnte jedoch auch einen Abend veranstalten, der genau das Gegenteil belegt und der anhand anderer Studien zeigt, dass Nutzer von digitalen Kopien mehr Medienartikel kaufen als der Rest der Welt.

[…]

Was hat es mit der oft geforderten Stärkung des Urheberrechtsgesetzes auf sich? Schon jetzt schützt das Gesetz den Urheber, der gegen unrechtmäßige Verwendungen seiner Texte vorgehen kann. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch wenn dies immer wieder behauptet wird.

Hier der komplette Mitschnitt, auf literaturcafe.de auch als Datei:

Paulo Coelho: Piraterie ist nicht schlecht!

Ich sage überhaupt nicht, dass Piraterie schlecht ist! Das höchste Ziel meines Lebens ist es, gelesen zu werden. Und wenn es Piraterie gibt, dann gibt es sie eben, davor darf man keine Angst haben. Ganz ehrlich: Wenn man Opfer einer Piraterie wird, dann ist das eine Auszeichnung, eine Medaille! Piraten kopieren doch nur illegal Bücher, die die Menschen auch wirklich lesen wollen.

Ganz ähnlich lautete eine Aussage auf dem Buchcamp im Mai: Die Verlage (und Autoren) sollten sich nicht Gedanken über die Bücher machen, die „raub“kopiert werden, sondern über die, die es nicht werden. Die sind das eigentliche Problem.

Intellectual Disobedience

„A lot of people infringe copyright and they’re apologetic … If you know as much about the law as, unfortunately, I do, I cannot claim ignorance and I cannot claim fair use … I know that I’m infringing copyright and I don’t apologize for it.“

Eigentlich genau das, was ohnehin jeden Tag passiert – nur als bewusste Entscheidung. So schildert  Nina Paley (@ninapaley) ihren Umgang mit geistigen Eigentumsrechten, schön zusammengefasst im O’Reilly Radar und einem Video:

Urheberrecht abschaffen?

Insbesondere Mitgliedern der Piratenpartei wird ja immer wieder vorgeworfen, sie wollten das Urheberrecht und geistiges Eigentum allgemein abschaffen. Das ist natürlich Blödsinn, allerhöchstens wollen das einzelne (und wenige) Mitglieder.

Die Position, geistige Eigentumsrechte dienten vor allem einer Blockbuster-Kultur und verstießen gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung, kommt aber durchaus in der Diskussion vor, wenn auch eher am Rande. Leonard Nobusch nimmt sich in einer ausführlichen Besprechung bei nNetzpolitik die „Streitschrift“ No Copyright von Joost Smiers und Marieke van Schijndel vor und behandelt besagte Position. Und sein Schluß stimmt hoffnungsvoll und belässt dieser Extremposition ihre Existenzberechtigung:

Beide Bedingungen, die Konkretheit der Utopie sowie positive Folgen ihrer auch nur teilweisen Realisierung, treffen auf die Streitschrift von Smiers und Schijndel zu. So wären beispielsweise eine Zurückführung des urheberrechtlichen Schutzumfangs oder die Durchsetzung eines stärkeren Wettbewerbsrechts nicht nur Schritte in Richtung der skizzierten Utopie sondern entsprächen auch den Forderungen von moderateren Kritikern des herrschenden Urheberrechtsregimes. Paradoxerweise könnte so Urheberrechtsabolitionismus, auf derart seriöser Art und Weise vorgetragen, einen wichtigen Beitrag für den Urheberrechtsreformdiskurse leisten.

Kann denn nicht einmal jemand an die Kinder denken?

Das bedeutet, dass die Deutsche Nationalbibliothek ihrem gesetzlichen Auftrag, das deutsche Web für nachfolgende Generationen zu archivieren, nicht nachkommen kann.

Letzten Endes liegt das Problem hier wieder wie so oft darin, dass immaterielle Güter in digitaler Form an keinen physischen Träger mehr gekoppelt sind. (neunetz.com)

Wie stellen sich die Gesetzgeber eigentlich vor, dass unseren Kindern einst die Geschichte des Internets vermittelt wird? Vermutlich gar nicht. Also fordern wir doch mit Helen Lovejoy:

Quelle: the future buzz

Matthias Ulmer im Börsenblatt zur Urheberrechtsdebatte

Ich habe erst überlegt, ob man den Artikel wirklich mit einer ausführlichen Kritik würdigen sollte. Und mich dann dafür entschieden, zumindest auf zei Punkte einzugehen.

Ulmer meint, dass die Diskussion beendet und die „Revolution abgeblasen“ werden sollte. Beides habe keine Relevanz mehr.

Steht hier wirklich die Netzgemeinde den Kulturschaffenden, der Kultur- und Medienindustrie und klassischen Bildungsbürgern gegenüber? Nein, denn es gibt keine Netzgemeinde. Nahezu alle sind heute auch Internet-User. Und unter diesen gibt es ein paar Prozent, die sich über gemeinsame Ideen als Community verstehen. Diese sind weder in der Realität noch im virtuellen Raum eine Mehrheit. Sie sind nicht mehr als eine „Lautheit“ in den Blogs.

Ganz gleich, ob man hier nun die richtigen oder die falschen Fronten sieht: Betroffen sind alle. Denn auch die Mehrheit der stillen Nutzer wird täglich mit Fragen konfrontiert, so sie sich denn Fragen stellt – die meisten machen sich vermutlich einfach nur bei ihrem alltäglichen Gebrauch von Netzwerken strafbar. Wie leicht das geht, kann man in diesem willkürlich gegoogleten Stern-Artikel lesen.

Und die andere Perle:

Es geht gar nicht um den Gegenstand. Es geht viel mehr darum, dass Gruppen plötzlich zusammenfinden, sich unter einem Slogan integrieren, sich erst als Gemeinschaft wahrnehmen, um dann plötzlich sich selbst als Teil dieser Gemeinschaft sehen.

Das ist natürlich auch Unsinn, es geht sehr wohl um den Gegenstand, der sich einer neuen Mediennutzung anpassen muss – genau so passieren „Revolutionen“, nämlich von unten. Sie werden dann als Reformen von oben durchgesetzt, aber das eigentlich Revolutionäre ist da schon passiert. (Und die Kinder potenziell gefressen.)

Schön ist, dass in den Kommentaren vor allem Widerspruch kam, obwohl der Artikel im Branchenorgan erschienen ist. Mein Favorit von „branchenkenner“:

Aber man kann Herrn Ulmers substanzlose Wortmeldung und auch seine überzogenen Lobpreisungen für die Lobbyarbeit des Verbandes zu diesem Zeitpunkt nachvollziehen: Im Wahlkampf (Vorsitz des Verlegerausschusses) geht es halt nicht immer um die fundierteste Meinung, sondern oft auch einfach nur um die lauteste Stimme.

Piraten, Schlachtenlärm und Abgesänge: Links zur Urheberrechtsdiskussion

Man hat ein bisschen das Gefühl, dass mehr diskutiert wird. Trotz Manifesten, Unterschriftenaktionen und Unterstützer-Outings scheint ein Dialoginteresse zu entstehen. Drei Lektüreempfehlungen der letzten Tage:

  • Rudolf Maresch fasst in der Telepolis die „Schlacht ums Urheberrecht“ zusammen und wundert sich über Rückwärtsgewandtheit, Gespensterdiskussionen und Sven Regener.
  • Ruben Wickenhäuser nimmt, ebenfalls in der TP, den Aufruf „Wir sind die Urheber“ unter die Lupe und überlegt, ob aus diesem nicht doch etwas Produktives herauskommen kann.
  • Und schließlich stellen die Piraten ihre häufig missverstandenen Reformideen für das Urheberrecht in 10 knackigen Punkten dar.

Eine Reform ist nicht nur für Produzenten und Konsumenten wichtig, sondern auch für Archivare und die Nachwelt. Denn gerade das deutschsprachige Internet zu archivieren gestaltet sich aktuell als juristisch unmöglich.

Update: Und natürlich dürfen wir nicht übersehen, dass auch die SPD mal wieder Trittbrettfahrer spielt.

Geistige Schutzrechte im Arbeitsalltag

Rechtsunsicherheit ist ein großer Hemmschuh der Arbeit in unserer digitalen Welt. irights.info hat nun eine Broschüre von über 50 Seiten herausgegeben, in der die wichtigsten „Rechtsfragen auf den Punkt gebracht“ werden – zum Teil sehr detailliert. Bei Youtube gibt es auch ein Video:

Sonntagslinks: Haeusler und Beckedahle zu ACTA und Urheberrecht

Markus Beckedahl schreibt bei Netzpolitik über einen Artikel der BrandEins, der sich gegen Urheberrechtsreform und pro ACTA ausspricht.

Johnny Haeusler ärgert sich über die ganze ermüdende Debatte – und kündigt an, „urheberisch“ stärker tätig zu werden. Besonders stören ihn ständig wiederkehrende Halbwahrheiten, etwa:

„Was nichts kostet, kann auch nichts wert sein“?

Aha.

Wikipedia: Nichts wert? Nachbarschaftshilfe: Nichts wert? Gemeinnützige Arbeit: Nichts wert? Meine Texte, die ich seit 10 Jahren ins Netz stelle: Nichts wert? Instagram, hihi: Nichts wert??

Wie furchtbar eindimensional ist eigentlich so ein Leben, in dem man Werte nur anhand ihres Handelspreises misst?

Achja, und den Unsinn Dieter Nuhrs, auf den Fefe hinweist, kann man auch erwähnen – wenn auch nicht im Beitragstitel: