Weniger Schafe, mehr Liebe! [Adventskalender]

Wir danken Andy Artmann für seinen Adventskalender-Beitrag zum Internationalen Tag der Menschenrechte:

Hinter dieser Adventskalendertür finden sich Menschen: 2013 durfte ich so viele tolle Menschen treffen und sprechen. Uli Lang, ein leider schon verstorbener Kollege aus einer Stadt, deren Namen wir Kölner nicht aussprechen (D’dorf), sagte mir einmal: „Denk an die Demut“.

Demut? Mein Dankeschön dieses Jahr richtet sich an all die Kollegen, die es deutlich schlechter haben als wir. NSA hin, Verfassungsschutz her. Wir haben Arbeitsverdichtung. In vielen Ländern der Welt gibt es Arbeitsvernichtung. In einigen Staaten geht es sogar ums pure Überleben: Reporter ohne Grenzen e. V. zählt dieses Jahr 57 getötete JournalistenInnen und 34 getötete BloggerInnen. Über 350 KollegenInnen sind während ihr diese Zeilen lest im Gefängnis. Bei Pen lese ich, dass eine 50jährige Dichterin in Haft ist. Eine Dichterin im chinesischen Kerker? Hallo? Liu Xia wird immer wieder inhaftiert und steht unter Hausarrest aus Liebe zu Ihrem Mann und mein Kollege Andreas Lorenz berichtet aus Peking darüber.
Wer helfen möchte kann einfach Liu Xia auf Twitter folgen und damit ein kleines Zeichen setzen.

Screenshot der iPad-App Reporter ohne Grenzen von TDSoftware GmbHDemut? Die überkommt mich, wenn ich an den älteren Rollstuhlfahrer denke, der zu einer aus China stammenden Mitarbeiterin der Frankfurt Bookfair sagte: „Die einzige Veranstaltung für Informationsfreiheit auf der Buchmesse und es sind weniger Menschen da als bei Shaun das Schaf.“ So grausam kann die Wahrheit sein. Denn gerade präsentierte Art Director Gaudenz Bock und die weiteren Sponsoren, TDSoftware und die MarkStein Software, die Kiosk-App von Reporter ohne Grenzen. Gaudenz Bock gestaltete wochenlang auf eigene Kosten den digitalen Bildband „Fotos für die Informationsfreiheit 2013„. Der Reinerlös der Fotobuch-App fließt an die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen. Die Fotoserien und Texte, zum Beispiel aus der verborgenen Welt saudi-arabischer Frauen, sind sensationell.

Mein demütiger Weihnachtswunsch wäre, dass sich möglichst viele KollegenInnen die App runter laden und diese weiterempfehlen. Mein Weihnachtswunsch wäre, dass niemand Furcht um sein Leben und seine Gesundheit mehr haben muss – nur weil er eine Meinung hat. Mein Weihnachtswunsch wäre, dass Frau Liu Xia ihren Mann bald in Liebe umarmen kann.

Ohne jede Demut – voller Wut, wünsche ich mir – weniger „Schafe“ und mehr Liebe und Gerechtigkeit.

Andreas "Andy" Artmann. (c) privat.Andreas (Andy) Artmann ist Art Director, Dozent, Publizist, Begleiter des digitalen Wandels bei diversen großen Verlagen, engagiert sich für Pressefreiheit, Menschenrechte und eBooks. Facebook, Xing, Twitter.

Marketing der Woche (KW 48): Amnesty International

Rückseite des Amnesty Journals 01/2013„Es gibt Menschen, die sterben für Bücher.“ Der Claim auf der Rückseite des Amnesty Journals 01/2013 ist nicht so ironisch gemeint, wie er auf den ersten Blick wirken mag. Es geht um verfolgte Schriftsteller, die wortwörtlich für ihre Bücher sterben. Da die Redewendung „Ich sterbe für was-auch-immer“ hierzulande relativ oft in der Umgangssprache verwendet wird, ist ein (kurzes) Moment der Identifikation möglich – und wenn der Leser an diesem Punkt ist, ist die Grundlage dafür gelegt, dass auch der Rest der Botschaft ankommt. Nicht unbedingt breitenwirksam, sondern vor allem auf gebildete, buch-affine Zielgruppen abzielend, aber durchaus in der Lage, genau jene anzusprechen.

Gesamtwirkung

Meines Erachtens super gelungen ist hier das Zusammenspiel von Wort und Bild – das Lesezeichen aus dem aufgeschlagenen Buch entpuppt sich als Henkersknoten. Beide Bestandteile sind nicht sofort entschlüsselbar, entfalten aber nichtsdestotrotz Wirkung, wenn man erst einmal hängengeblieben ist.