Die Gamifizierung des Lesens

Diese Woche ging das Kickstarter-Projekt The Game of Books erfolgreich zu Ende, das Lesen zu einem Spiel mit Wettbewerbscharakter (Punkte) und Charakterentwicklung (wie bei einem Rollenspiel) zu machen, also das Lesen zu „gamifizieren„:

Imagine a game where you – the reader – are the main character, and every book you read earns you points and rewards. The Game of Books is a game for adventurous readers where the books you read earn you points based on what they are about.

The Game of Books combines the physical world of books with the digital and imaginary. It is a website and mobile app that combines „Foursquare for books“ and Xbox Live-style gamer achievements, earning you badges and points for the rare themes you encounter in books.

At its heart, The Game of Books allows those of us that love reading to earn something extra for what we already love, to become the master of themes that we visit more than others, to discover books we’d otherwise miss, and to track how we have grown as readers over time.

[…]

The Game of Books is an innovative way to keep track of what experiences you’ve gained as you read

Außerdem konnten sich die „Backer“, also die Unterstützer des Projekts, für 10 Euro zu einem Buch bekennen und diesem eine „Somebody loves me“-Plakette verleihen:

Pledge $10 or more

GIVE YOUR FAVORITE BOOK A BADGE!: Show your appreciation for a loved book by buying them a special, „Somebody Loves Me“ badge! For every $10 you pledge to this reward, you receive 1 vote to cast towards any book you like. Doing so will forever earn it the „Somebody Loves Me“ badge, making it more attractive to point hungry readers!

Was zeigt uns der Erfolg (immerhin 109.000 von 102.000$)? Die Backer lieben lesen, sie wollen sozial lesen (durchaus auch mit einem Wettbewerbsgedanken: Wer vergleicht nicht gerne zu Silvester mit anderen Leuten, wieviele Bücher es dieses Jahr ungefähr waren?) und sie wollen spielerisch lesen (mit Erfahrungspunkten und einem „Charakter“, der sich analog dazu entwickelt, was die User lesen.

Das Projekt hatte in den höheren Pledge-Stufen auch „Authors only“ und „Publishers only“-Levels, die fürs eigene Marketing eingesetzt werden können, und Pakete, die für Bibliotheken und Schulklassen mehrere Zugänge zum per Browser und App spielbaren Game bieten. Vielleicht öffnet sich hier auch ein neuer Weg in der Leseerziehung.

Die Demo (The Game of Books) hat bislang einen sehr eingeschränkten Titelkatalog und einen Disclaimer: „This is only a concept demo, and is just for fun. It has no purpose beyond showing how The Game may work. The final Game will likely be nothing like this. We are not controlling for cheating or recording scores. The design, layout, search functions, scores, themes, levels… everything… are open to change.“ man darf also gespannt sein.

Ich finde das Projekt ausgesprochen spannend, aber ich bin da ja meistens sehr schnell zu begeistern, wenn Spiele, Social Media und Crowdfunding beteiligt sind. Was haltet ihr von The Game of Books?

Gamification – ein Trend für die Buchbranche?

Die Titelgeschichte im impulse-Heft Mai 2012 dreht sich rund um Spiele. Nicht Kinderspiele, sondern die, die auch Erwachsene gerne spielen. Große Firmen wie Daimler wenden die bereits für ihre Mitarbeiter an, während kleinere Unternehmen momentan noch zögerlich sind – sowohl für den Kunden- als auch für den Mitarbeitereinsatz. Aber könnte nicht genau die Spielifzierung das Element sein, das eBooks & Co. endlich attraktiv macht?

Verborgener Spieltrieb

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich Menschen fürs Spielen begeistern können. Anschaulich beobachten konnte man das bei der Sudoku-Welle vor ein paar Jahren, als die Zahlenrätsel plötzlich reißenden Absatz fanden. Das Erfolgserlebnis, das beim Sudoku durch ein gelöstes Rätsel eintritt, kann aber auch anders generiert werden: Es reicht der Wettbewerb, der Vergleich mit sich selbst oder mit anderen. Man nehme dazu das Konzept verschiedener Level, in die man sich hochtrainieren kann, und schon ist eine Leistungssteigerung sichtbar, die gefeiert werden will. Konkret wäre das zum Beispiel eine Kochen-App, die gekochte Gerichte registriert und auswertet: Je aufwändiger und komplizierter die Gerichte sind, desto höher ist das Level des Koch, der zwischendrin immer wieder neue, auf seinen Level passende, Rezepte als Vorschlag präsentiert bekommt. (Ich hoffe sehr, dass es eine derartige App nicht schon gibt und ich sie nur nie gefunden habe.)

Zukunftsvisionen

Ein sicherlich wichtiger Aspekt, der im Artikel auch angesprochen wird, ist der, dass die Smartphone-Dichte hierzulande noch nicht so hoch ist wie beispielsweise im Nachbarland Dänemark. Allerdings muss man die Spielmöglichkeiten nicht ausschließlich auf Apps beschränken. Über PCs kann man ebenso Optionen ausschöpfen, was in der Buchbranche bislang eher zögerlich gemacht wird. Spontan fällt mir hier das Cat Protect-Spiel ein, das der Börsenverein (erfolglos?) launchte. Dabei wäre Gamification sicher auch ein Ansatzpunkt, um eBooks attraktiver zu machen. Pro zehn gekauften eBooks gibt’s ein kleines PC-Spiel gratis oder für jeden bestandenen Level gibt’s fünf Seiten mehr von der Leseprobe des Fantasy-Romans einzusehen. Zwar kann ich mir Spielifizierung im Buchbereich nur als eine Komponente unter vielen vorstellen, aber als solche sehr gut mit stärkerem Gewicht als heute und mehr als nur marginaler Bedeutung.