Digital ist angekommen. Ein knapper Messerückblick

Sascha Lobo kam auch auf einen Plausch über dotbooks, sobooks und die Branche vorbei.

Es war eine schöne Buchmesse 2012.  M@rtha wurde mit dem letzten protoTYPE-Treffen zu einem ordentlichen Ende geführt – was daraus wird, muss sich zeigen. Ich hoffe, das Projekt verläuft nicht im Sande. Ich habe diverse nette Leute wiedergesehen, auf dem Twittwoch und dem Twittagessen, auf der Virenschleuder-Verleihung und einfach am Stand auch jede Menge neue nette Leute kennen gelernt. Die Stand-Zusammenarbeit mit GRIN und bilandia war eine Freude, genau wie mit den Kollegen.

TimSarah und ich.

Beim AKEP-Award allerdings wurden wir bei dotbooks ziemlich enttäuscht. So schön die erste Frankfurt Digital Night war, so traurig die Tatsache, dass wir nicht mit einer Nominierung bedacht wurden. Und das sage ich weniger als Mitarbeiter, sondern vor allem als Branchenbeobachter: [rant] Meine Favoriten waren innovative Projekte wie eBookmakr und dotbooks, nicht die zehntausendste App, die jeder hinbekommt, wenn er einer Agentur genug Geld dafür bezahlt. [/rant]

Digital ist angekommen.

Immer mehr Deutsche lesen eBooks. Das merkte man an zahllosen Dienstleistern in Halle 4.0, an den omnipräsenten Veranstaltungen zum Thema an den Fachbesuchertagen, aber vor allem an den Reaktionen von Besuchern aller Couleur. An diesen war ich so nah dran wie selten zuvor. Bei dotbooks haben wir ganz direkt mit den Lesern (aka Endkunden), aber auch mit Autoren, Agenten, anderen Verlagsmitarbeitern, „Branchenleuten“ usw. zu tun gehabt. Und digitaler Content war bei Lesern genauso beliebt wie bei Autoren, die in eBooks mehr Zukunft sehen als im Taschenbuch, die die neuen technischen und vor allem verlegerischen Möglichkeiten schätzen: Kurze Novellen, die sich im Print nie lohnen würden, sind genauso möglich wie ellenlange Epen. Und bei dotbooks wagen wir uns nun ja sogar an Lyrik …

Sandra Henke zwischen Tim Sonderhüsken und Beate Kuckertz.

Reader gibt es nun bereits ab 10 Euro, und auch das Pricing von eBooks (über das Steffen einen netten kleinen Artikel gebloggt hat) nimmt langsam vernünftige Gestalt an. Mehr und mehr Anbieter verzichten auf den Kauf-Killer DRM. ([eigenwerbung] dotbooks tat das übrigens von Anfang an. [/eigenwerbung]) Man kann den Lernprozessen zusehen – in doppelter Bedeutung, denn leider ist das Wachstum hier noch immer eher langsam. Aber es gibt eines, und das alleine ist ja schon etwas wert.

Und sonst so?

Storydrive und einige andere Veranstaltungen (und persönliche Termine) befassten sich mit dem Thema Transmedia, das mich bekanntlich sehr interessiert. Erzählkosmen, Immersion, die Story-Ökonomie spielten überall eine Rolle, wo es um Inhalte ging. Empfehlungssysteme arbeiten daran, den Wegfall des Sortiments zu kompensieren (und damit natürlich auch zu beschleunigen).

Fazit: Story-Cotent und digitale Form spielten Hand in Hand. Natürlich begegnet man auf dieser Messe vielen Vorreitern und nimmt diese besonders stark wahr – aber insgesamt ist die Branche auf einem gefühlt ganz guten Weg. Jedenfalls, wenn es ihr gelingt, die Themen und Erkenntnisse der Messe in den Alltag zu überführen – und das nicht alles nur Gerede von wenigen, aber einflusslosen Vorreitern war.

Buchcamp 2012: eBook-Mythen, Smart Content und M@rtha

Das Buchcamp ist vorbei – und sehr schön war’s, diverse Leute mal „real“ kennen zu lernen oder wiederzusehen und mit ihnen drei Tage (und zwei feucht-fröhliche Abende) zu verbringen. Und natürlich gab es neben Menschen auch Dinge auf dem Programm – über zwei Sessions habe ich ja bereits gebloggt, der Rest folgt heute als kursorische Zusammenfassung, angereichert durch die diversen Videos, die man im Börsenvereins-Channel gucken kann. Den Sessionplan gibts hier und alles auf twitter unter dem Hashtag #buchcamp.

Märchen und Mythen ums elektronische Publizieren

@derlektor hielt einen langen, vom Publikum ergänzten Vortrag über die Ammenmärchen und Irrtümer des ePublishing. Das große, bekannte Problem ist vor allem die Angst: Sie verhindert, dass Verlage Kompetenzen aufbauen, Erfahrungen sammeln; dass sie an hergebrachten (überholten) Verfahren festhalten (Zitat: „Die Print-Denke funktioniert hier nicht“);dass sie auf DRM bestehen, bzw. ihren Autoren nicht genügend Argumente liefern, dass diese auf DRM verzichten.

Die aufklärerische Session behandelte somit ein wichtiges Thema – leider vermutlich vor Leuten, die das alles schon verstanden haben.

Nach den Telefonen werden nun auch die Inhalte „Smart“

So ganz stimmt das natürlich nicht, denn granulierter, angereicherter Content begann ja schon mit dem frühen Hypertext. Da sind die Handys später clever geworden. Unter dem etwas sperrigen Titel „Smart Content: Durch semantische und soziale Vernetzung vom Content- zum Service-Anbieter“, zu dem sich dann noch das Schlagwort „Aufmerksamkeitsökonomie“ gesellte, diskutierten wir die Möglichkeiten individualisierter Inhalte durch technische Frameworks und die Einbettung von User Generated Content. Enttäuscht wurde die Hoffnung, dass das alles automatiseribar wäre: Bis auf weiteres werden solche Inhalte mühsam, manuell, redaktionell gepflegt werden müssen.

M@rtha

Unsere eigene Session, die auch im Böbla.net-Artikel besprochen wird, lief gut und brachte neben diversem inhaltlichen Feedback auch die Erkenntnis, dass etwas in Richtung M@rtha dringend gewünscht wird:

Bedarf ist vorhanden: Besonders DRM-geschützte Dateien bereiten Schwierigkeiten, da Kunden neue E-Books nur am eigenen Rechner runterladen können. „Ich bin jetzt schon so weit, dass ich Hausbesuche anbiete“, klagt Buchhändlerin Susanne Martin. Oft sei auch nicht klar, wohin man defekte Lesegeräte schicken soll. „Hier wäre hilfreich, wenn wir eine komplette Adressliste hätten“, so Martin. Selbst für Amazon sollen stationäre Buchhändler noch Support leisten: „Wir haben häufig Kunden, die mit ihrem Kindle zu uns in den Laden kommen“, berichtet Marie Birkert vom Kulturkaufhaus Dussmann.

Wir werden uns bemühen.

Was ich leider nicht gesehen habe

Nicht dabei war ich leider bei beiden Sessions von Wibke. Hier ihr Video zur Selbsthilfegruppe (davon bräuchte die Branche insgesamt mehr):

Vielen Dank ans Forum Zukunft und alle Mitstreiter – auf das Wachstum des Buchcamps bis 2013! Da soll das Camp dann in größerem Rahmen stattfinden, mit mehr „Entscheidern“, noch mehr Nachwuchs und viel mehr Plätzen (die diesmal binnen 24 Stunden ausverkauft waren).

Und holt mich da dann bitte nicht vor die Kamera, wenn man mir ansieht, wie fertig mich die vorherige Nacht zurückgelassen hat:

Buchcamp 2012: DRM – Schutz oder Schaden?

Ich bin wieder bei Mela Eckenfels gelandet, die sich zu Beginn als Piratin outet und Mini-Packungen Gummibärchen verteilt. Die Gummibärchen stehen für Content –  manche sind ohne Schutzmechanismen, einige sind unerreichbar in einer Kerze, andere haben „Wasserzeichen“:

In einem einleitenden Vortrrag erläutert Mela die Nachteile von DRM anhand einiger Thesen, die in der Diskussion erweitert werden:

  • DRM hilft nicht gegen Piraterie – und benachteiligt im Zweifelsfall eher den legalen als den illegalen Konsumenten
  • Auf lange Sicht geht Content, der mit hartem DRM geschützt wird, verloren – etwa wenn DRM-Server abgeschaltet werden
  • DRM schränkt die Usability des Contents ein – teils bis zu dessen Verstümmelung
  • DRM ist aktives Engagement gegen Barrierefreiheit
  • Die Ressourcen, die für DRM und andere Schutzmechanismen ausgegeben werden, wären anderweitig sinnvoller aufgehoben
  • M@rtha ergänzt: hartes DRM (gerade Digital Editions) ist für den Konsumentensupport ein wahrer Alptraum

Und dann geht es natürlich noch um Amazon. Materialie bei diigo.

Fazit: Liebe deinen Kunden!

Buchcamp 2012: Flash Fiction

Seedbombs, Guerilla Art, gehäkelte Stoppschilder: Die „Guerilla“-Gestaltung des öffentlichen Raums ist keine ganz neue Idee. Flash F iction ist schnell in der Öffentlichkeit entstehende Literatur, die dort auch verbleibt. Session-Initiatorin Mela Eckenfels beschreibt, wie sie in ihrer Mittagspause auf Parkbänken rasch eine abgeschlossene Story auf maximal einer A4-Seite schreibt, sie fotografiert – und sie dann am Kreationsort belässt, damit sie gelesen wird.

Anregungen, die aus  der Session entstehen: Kennzeichnung wie bei Bookcrossing, Kombinationen mit Geocaches, zentrale Websites (oder Pinterest), auch, um Communities zu ermöglichen, Events auf Buchmessen (wie es ja auch Lesungen in der Box öfter gab), spannende Auswahl von Beschreibstoffen, tiny tales als Sticker, bekannte Autoren als Zugpferde (oder bewusst nur von kleinen Autoren), Verknüpfung mit Streetart.

Eine lohnenswerte Session – und eine spannende Überlegung fürs Selfmarketing von Autoren. Und wenn man auf die digitale Verbreitung verzichtet oder anonym schreibt ist „Flash Fiction“ zumindest noch ein hübscher Zeitvertrreib für die Mittagspause.

Im Stile der Fan Fiction erscheint dieser wärend der Session getippte Artikel ohne redaktionelle Überarbeitung.