Dieser dritte Teil schließt mein Interview mit Thomas Zorbach ab (Teil 1, Teil 2).
Es geht also künftig um Erlebniswelten.
Ganz genau. Aber da stehen Buchverlage dann natürlich in Konkurrenz mit allen anderen Entertainment-Unternehmen, die auch Geschichten vermarkten – Film, Computerspiele etc. Die Unternehmen, die es schaffen über ihren Tellerrand zu blicken und Konvergenz herzustellen, werden gewinnen. Die Buchbranche hat hier den Nachteil, dass dort eben Buchliebhaber, sitzen, ohne das herabwürdigen zu wollen. Aber diese enge Bindung an ein Medium setzt Grenzen. Dennoch erleben wir gerade eine Phase des Experimentierens und Herumprobierens in Sachen Transmedialität. Und ich kann nur jeden Verlag dazu ermutigen, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn es nicht gleich in der Kasse klingelt. Was jetzt zählt sind Erfahrungen, was machbar ist mit den neuen technischen Möglichkeiten, welche Leute man sich an Bord holen muss, ob man etwa einen Videospezialisten im eigenen Haus braucht, Leute, die sich mit Games auskennen, und dann zu sehen, welche Produkte, welche Erlebniswelten man anbieten kann.
Gibt es das dann vielleicht bald als Berufsbild oder als Unternehmen, als Branche? Den Storyteller, das Storytelling- Unternehmen?
Durchaus möglich, dass sich vm-people künftig noch stärker in diese Richtung entwickeln wird, das ist jedenfalls ein mögliches Szenario. Ich sehe gegenwärtig eine Marktlücke im Bereich der Erlebniswelten wie wir sie inszenieren und ich stelle fest, dass Alternate Reality Games ein immer größeres Publikum finden. Ich sehe in jedem Falle eine große Chance für das Berufsbild. In den USA gibt es ja auch schon den „Transmedia Producer“ als eingetragene Berufsbezeichnung.
Zum Abschluss noch die Frage: Was halten Sie, abgesehen von Ihrem Konzept von Transmedia Storytelling, für tragfähige Marketingmodelle für die Buchbranche?
Was bislang nicht besonders gut funktioniert und wo die Verlage noch umdenken müssen, ist das Thema „Fanmanagement“. Fans sind ein Wirtschaftsfaktor. Fast jeder Verlag hat mittlerweile zwar eine eigene Facebook-Page, aber oft steht noch keine Strategie dahinter, wie Fans gefunden und gebunden werden können. Autoren müssten eigentlich „produziert“ werden und zu „Stars“ aufgebaut werden wie es in der Musikindustrie üblich ist. Sebastian Fitzek gibt auch hier ein gutes Beispiel ab. Seine Lesungen sind kleine Shows in denen es ihm gelingt eine besondere Nähe zu seinen Fans aufzubauen. Diese Nähe wird durch sein Engagement in den Social Media Kanälen noch verstärkt.
Ja, und damit bekommen Verlage ja irgendwann Probleme. Wieder ein amerikanischer Trend: Die Autoren weichen dann aufs Self Publishing aus, weil sie ihre Kontakte ohnehin selbst pflegen, und die Verlage ihnen kaum mehr attraktive Dienstleistungen bieten können.
Oder sie gehen gleich zu Amazon. Und hier muss man sich endlich etwas einfallen lassen, auch wenn es Aufwand bedeutet. Gerade bei neuen Autoren, bei denen viel in den Markenaufbau investiert wird, müssen die Verlage zusehen, dass sie Beziehungen zu Fans aufbauen und pflegen. Das hat die Musikindustrie verschlafen, Angebote für die Fans zu entwickeln und sich dadurch neue Erlösquellen, abseits der Tonträger zu erschließen. Hier sehe ich eine große Chance für die Verlage, das besser zu machen und sich zu überlegen, welche zusätzlichen Angebote sie den Fans ihrer Publikationen noch machen können. Genau hierin sehe ich künftig eine meiner Hauptaufgaben, Verlage dabei zu unterstützen.
Ein Gedanke zu „Ein Interview mit Thomas Zorbach von vm-people – Teil 3“