Klaus Eck, Autor, Blogger und Reputation Manager, konstatiert in einem Interview eine „Social-Media-Angst“ in Deutschland:
Warum nutzt immer noch nur die Minderheit der Deutschen soziale Netzwerke?
Sie haben einfach pure Angst. In Deutschland frägt man sich immer „was kann ich falsch machen, wie kann ich mich am besten zurücknehmen“. Aus diesem Grund neigt man nicht dazu, sich in die Arme der Datenkraken der Welt zu werfen, sondern man sagt sich „dann mach ich lieber gar nichts, bevor ich etwas falsch machen kann“.
Sicherlich hat Klaus Eck mit der allgemeinen Tendenz, dass die Nutzung von Social Networks in Deutschland ausbaufähig ist, nicht ganz Unrecht. Aber grundlegender ist meines Erachtens die Frage, wo denn die gefühlte Angst herkommt bzw. was die Gründe dafür sind, dass viele Menschen so zurückhaltend sind.
- Sind es wirklich datenschutzrechtliche Bedenken? Denn wenn es diese wären, könnte man sie Verweigerern nur schwerlich als Angst vorwerfen, da sie letztendlich in vielen Punkten gerechtfertigt sind.
- Ist es bis zu einem gewissen Grad nicht einfach Desinteresse? Die Nutzung von Social Media ist keine Bedürfnisbefriedigung im engeren Sinne – jemandem, der ein Nice-to-have nicht nutzt, Angst vorzuwerfen, ist sicher zu weit gegriffen.
Die Grundaussage des Interviews ist trotzdem kaum abzustreiten – es gibt zweifelsohne Nationen, die neue technische Entwicklungen schneller und umfassender in ihr Leben integrieren. Aber es ist falsch, den Eindruck zu erwecken, als handle es sich hierbei um einen Status Quo, weil wir Deutschen eben so ängstlich und langweilig sind. Viel wichtiger ist doch, dass sich in den letzten Jahren, auch im Bereich der Sozialen Netzwerke, vieles getan hat – und weiter tun wird. Trotz diverser Verzögerungen bin ich immer wieder dankbar, dass in Deutschland eben nicht jede Erfindung samt Hype unübersehen übernommen wird. Im Hinblick auf diese Testfunktion ist eine gewisse Angst sogar recht nützlich.
Ich glaube, die Beobachtung ist ziemlich zutreffend: Es gibt eine tief verwurzelte German Internet Angst. Den Begriff prägte 1998 das Magazin Wired: https://www.wired.com/politics/law/news/1998/06/12884
Es handelt sich um ein institutionelles Problem, gerade in der Rechtssprechung, ist aber symptomatisch für die Einstellung in breiten teilen der Bevölkerung.
Und das Phänomen sollte nicht mit einem gesunden Misstrauen in andere Institutionen wie FB verwechselt werden, denn auch in der Emphase ist das alles eher irrational, genau wie in der Angst. Nützlich wäre ein reflektierter Zwischenstatus – eine offene Experimentierfreude. Gerade in der Verlagswelt, die ja v.a. mit anderen Unterhaltungsbranchen konkurriert, die neue Technologien deutlich schneller adaptieren.
Gibt’s dazu denn schon wissenschaftliche Untersuchungen? Ich habe bei dieser Diskussion immer das Gefühl, dass gerade diejenigen, die die Möglichkeiten der Technik gerne exzessiver nutzen würden, aus Verärgerung über die Wenig- oder Nicht-Nutzer sehr pauschal urteilen.
Was nicht heißt, dass ich mich gegen offene Experimentierfreude auspreche. In der Verlagswelt sehe ich derzeit viele interessante Möglichkeiten, die noch auszuschöpfen sind.