Das Ende der Neugier

Quelle: Wikimedia Commons

Wer kennt ihn nicht? Den unauffälligen Blick des Sitznachbarn im Zug, was man denn liest? Oder auch den eigenen Blick, welche Lektüre denn das Gegenüber in der S-Bahn liest? Und wer kennt nicht die peinliche Berührtheit auf mindestens einer Seite, wenn es denn doch eher mal „seichte“ oder gar erotische Literatur und kein Goethe ist? Das Schämen und Fremd-Schämen hat jetzt ein Ende – dank den eBook-Readern.

Keine fremden Blicke mehr

Ich finde das befreiend! Endlich kann ich das, was ich lesen will, in Ruhe lesen, ohne darauf achten zu müssen, dass u.U. den Buchtitel niemand erkennt. Denn so liberal wie wir vorgeben in Bezug auf die Literatur zu sein, sind wir bei Weitem nicht (aber das ist ein anderes Thema). Allerdings haben schon mehrere Freunde darüber geklagt, dass sie jetzt eben nicht mehr sehen, was andere Leute lesen.

War es früher besser?

Ist der Zugewinn an Anonymität also wirklich eine Verbesserung der Lage? Bei einem konkreten Buchtitel konnte man leichter ins Gespräch kommen, wenn man das Buch auch schon gelesen hatte oder sich dafür interessierte. Heutzutage wird es eher auf ein Gespräch über den eBook-Reader-Typ herauslaufen. Dass dies ein Aspekt ist, den viele Menschen vermissen werden, kann ich nachvollziehen. Aber da ich meine Privatsphäre wirklich mag, finde ich eBook-Reader wirklich eine Erleichterung. Und über die gelesen eBooks kann ich nach wie vor mit meinen Freunden reden, vor allem da ich sie sowieso lieber mit Freunden als mit Fremden bespreche.

4 Gedanken zu „Das Ende der Neugier“

  1. Interessanter Aspekt! Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.
    Wenn ich sehe, dass ein Fremder eines meiner Lieblingsbücher liest, fühle ich mich der Person gleich viel näher. Schon schade, wenn das verloren ginge….

  2. Danke für den Kommentar :-). Der Punkt der gegenseitigen Identifikation, den du ansprichst, ist nicht von der Hand zu weisen.

  3. Während ein Buch im Zug vielleicht die Vernetzung mit Fremden erlaubt, kann man sich mit dem eBook im Zug mit Bekannten über die Inhalte unterhalten. „Social Reading“ wandelt sich eben auch.

    Um die Neugierde zu befriedigen, was denn der Mensch im selben Abteil da auf seinem eReader liest, bietet sich doch ein location based service an: Wer will, kann einfach im näheren Umfeld bekannt geben, welches eBook da gerade geladen ist. (Kehrseite: Damit ist es wieder auffällig, wenn jemand elektronisch liest und man nicht sieht, was …)

  4. Ja, wobei du in Sachen Neugier von einer ziemlich starken Technologisierung ausgehst, wie wir sie noch lange nicht haben. Und auch beim Social Reading, das du beschreibst, sind die gleichen Voraussetzungen noch nicht erfüllt. Zwar haben immer mehr Menschen entsprechende Endgeräte, aber nutzen oft die Funktionen noch nicht. Deswegen würde ich momentan nur auf theoretischer Ebene von Social Reading bei eBooks ausgehen, auf praktischer nicht.

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