Die Verlage sind auf dem Rückzug – das war tatsächlich mein Eindruck auf der Frankfurter Buchmesse, allerdings nicht im negativen Sinn. Sie ziehen sich zurück, um mehr auf die vor- und nachgelagerten Akteure in der Wertschöpfungskette einzugehen: den Autor und/oder den Kunden. Diese Position konnte man an vielen Stellen heraushören: Zum Beispiel bei der Diskussion „Der Weg zum Kunden“, wo es unter anderem darum ging, dass Verlage sich gegenüber Self-Publishing-Angeboten positionieren müssen, indem sie sich für die (professionellen) Autoren attraktiv darstellen. Oder beim Vortrag „Making the most of your story: What’s transmedia really worth?“, in dem die gute (= mitreißende, packende, fesselnde …) Story als Voraussetzung aller weiteren Überlegungen angenommen wurde, da ohne diese kein Leser mitgenommen werden kann. Oder auch bei der Diskussion „protoTYPE meets Hochschule“, in der betont wurde, dass der Kunde bei Innovationen stets im Mittelpunkt stehen muss.
Wandel des Kulturverlegers
Auf den ersten Blick scheint diese Haltung, sich gegenüber seinen Autoren ebenso wie gegenüber seinen Lesern als möglichst attraktiver Partner zu präsentieren, selbstverständlich. Bedenkt man jedoch, dass auch heute viele Verleger noch als Kulturverleger agieren – also die Inhalte, die sie als kulturell wichtig erachten, versuchen, einem breiten Publikum nahezubringen – ist das ein gravierender Wandel. Das Selbstverständnis, das sich unter anderem aus der Annahme, Bücher seien ein Kulturgut und keine Ware, speist, gerät langsam, aber sicher ins Wanken. Und hier kommt die Digitalisierung ins Spiel: Für die Autoren gibt es dank fortschreitender Technologisierung die Möglichkeit, alle Schritte bis zur Buchveröffentlichung selbst durchzuführen – ob sie es wollen oder nicht, ist eine andere Diskussion. Für die Leser gibt es die Möglichkeit, sich zwischen zahllosen Bücher für ein paar zu entscheiden – um hier herauszustechen braucht man vor einem guten Marketing erst einmal ein Buch, das den Leser wirklich interessiert. Im zweiten Schritt kommen dann E-Books, Social Media etc. Die Notwendigkeit auf Verlagsseite, ein attraktiver Partner zu sein, steigt stetig.
Wie funktioniert der Wandel am besten?
Wie sich dieser Wandel (= Innovationen) am besten gestalten lässt, wurde vor allem in der ProtoTYPE-/Hochschule-Diskussion ausgeführt: Durch Lust! Ggf. noch durch Notwendigkeit, aber keinesfalls aus Angst oder aus Druck. Das klappt eigentlich nur dann, wenn der Verleger diesen Prozess nicht blockiert. Im Idealfall resultiert daraus eine Begeisterung, die für digitale Produkte ebenso stark ist wie für Print-Produkte – im Fachjargon spricht man dann vom „sexy epub“.