Respekt vor meinen Daten! [Datenschutz im Alltag]

In unserer Reihe „Datenschutz im Alltag“ wollen wir einige Konzepte und Ideen, wie man mit seinen Daten umgehen kann, vorstellen. Da Alternativen zu großen datenfressenden Diensten oft aufwändiger sind als das Original, ist uns besonders der Alltagsaspekt wichtig. Den Anfang macht Su Steiger – herzlichen Dank dafür!

Ein bisschen mehr Hoheit, Respekt oder: Ich bin halt doch irgendwie Prinzessin.

Frühjahrsputz an Weihnachten

Frau im Waschsalon von Averie Woodard/unsplash.com
Averie Woodard/unsplash.com

Jedenfalls kommt es mir manchmal so vor, dass mich eine Erbse drückt. Und dann fange ich an, sauberzumachen, aufzuräumen – digital. Das beginnt meist mit dem Weihnachtsputz bei Facebook – bei dem ich die über das Jahr angenommenen „Freunde“ sortiere: diejenigen, die ich nicht „kenne“ und die sich noch nie privat mit mir unterhalten haben, fliegen raus. Warum soll ich Fremden weiter etwas von mir erzählen?

Und dann geht es weiter: Wo habe ich überall meine Mailadresse eingetragen und brauche die Dienste nicht mehr? Welche Newsletter habe ich abonniert, die ich entweder nicht lese oder die meine Daten in den USA speichern? Ja, das ist für mich als auch journalistisch Tätige zur Zeit wirklich etwas, das ich soweit möglich vermeiden möchte. (Ich weiß, sobald ich Facebook und andere soziale Netze nutze, scheint das eine Farce zu sein, ist es aber nicht ganz. Das ist aber ein eigenes Blogposing lang, das zu erklären 😉 )

Und welche App habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr genutzt und brauche sie auch nicht wirklich? Da reicht es mir dann auch nicht, sie einfach nur vom Smartphone zu löschen, denn die Registrierung ist ja weiterhin vorhanden und kann rückverfolgt werden …

Warum ich das will? Jeder ist im Netz öffentlich – allerdings unterschiedlich viel und unterschiedlich weitgehend. Je weniger Schnipsel zusammengefügt werden können, umso privater bleibe ich. Und da ich gerne ein wenig Hoheit darüber haben will, wer wieviel von mir erfährt, räume ich gelegentlich auf.

Mehr als nur eine Mailadresse

Laptop-Stilleben von Parker Byrd/unsplash.com
Parker Byrd/unsplash.com

Ich habe mehrere Mailadressen, die ich für die verschiedenen Dienste nutze, um nicht gleich alles mit einem zu verknüpfen. Ich nutze Apps immer mit eigenem Login und nicht über Facebook oder Twitter oder Google. Weil die nicht alles sammeln können sollen – allerdings gibt es dann so Dienste wie die vielen verschiedenen von Google, die nur googleeingeloggt umfangreich zu nutzen sind und die ich deshalb vermeide, wo es geht (das ist die größte Datenkrake mit absolutistischem Anspruch, aber auch andere stehen dem nicht nach). Dropbox ist keine Alternative für mich, auch da hülfe mir nur konsequente Verschlüsselung und obwohl ich weiß, dass es da etwas gibt, ist es mir aber zu aufwändig (boxcryptor zur Verschlüsselung in diversen Clouds) und daher lagere ich so wenig wie möglich Dokumente in irgendwelchen Clouds. Ich habe zudem bei meinem mittelständischen deutschen Provider ftp-Speicherplatz, den ich dafür nutzen kann. Und über den ich die Hoheit habe. Muss also keine softwareeigenen Austauschplattformen nutzen. Das bisschen auf Versionsnummern der Dokumente achten ist kein Aufwand im Vergleich zur unkontrollierten Einsichtnahmeoptionsmöglichkeit.

Warum das alles? Weil meine Daten denen Geld bringen und mich kontrollieren und manipulieren. Und – verdammt noch Mal – ich will das nicht, so unkontrolliert  von mir.

Ob das im Widerspruch dazu steht, dass ich eine eigene Website habe, auf der ich ordnungsgemäß die Angaben nach Telemediengesetz mache? Bedingt, nur, darum kommt kein Blogger herum, der eigene Seiten hat. Auch, wenn nur hobbymäßig betrieben. (Wirklich, liebe Buchblogger, das gilt auch für Euch … ) Und eben weil auch die von Google und Co. gecrawlt werden, habe ich noch zusätzliche Mailadressen, siehe vor.
Außerdem habe ich mich entschieden, die „wichtigen“ beruflichen Mailkonten jetzt mit digitalem Schlüssel zu versehen, auch, wenn das systembedingt nicht ganz unkompliziert ist, einzurichten. Aber einmal installiert, einfach genutzt.

Suchmaschine: Nicht Google!

Ach ja, ich suche im Internet seit Jahren mit Qwant, wo es geht. Bei Google mache ich nur gelegentlich den Selbst-Check … Qwant ist eine tolle Alternative, insbesondere, weil viel mehr europäische Ergebnisse oben in den Suchlisten angezeigt werden und es zudem in Frankreich entwickelt wurde und dort zuhause ist.

Die Gretchen-Frage nach dem Messenger …

Foto dreier tuschelnder Frauen von Ben White/unsplash.com
Ben White/unsplash.com

Whatsapp brauche ich nicht – dafür gibt es Stand-Alone-Alternativen, die nicht gleich alles zusammentragen (auch wenn das Facebook erst mal untersagt wurde, who knows) wie Threema oder Telegram. Und die gute alte SMS 😉 Wer mich erreichen will, kann das. Außerdem ist die Internetsuche nach mir ergiebig genug – es gibt einige Profile von mir im Web, auf denen ich Berufliches öffentlich mache. Bei privaten Informationen versuche ich so unpersönlich wie möglich zu bleiben und hoffe auch immer, dass sie untergehen im allgemeinen Rauschen 😉

Kurz-Interview

Alles fließt: Seit wann befasst du dich mit Datenschutz?
Ich bin journalistisch bedingt eine alte Häsin und mit dem Aufkommen der privaten Internetnutzung groß geworden quasi (ICQ – kennt das noch wer? 😉 ) : Seit daher immer* schon aufmerksam gegenüber dem, was mit meinen digitalen Daten passiert. *1996

Berufsbedingt kann ich aber die (teilweise intensive) Nutzung des Web und Co. nicht vermeiden.

Alles fließt: Welches Prinzip oder welchen generellen Ratschlag findest du für den persönlichen Datenschutz am wichtigsten?
Überlege immer, ob Du bereit bist, mit deinen Daten zu bezahlen und was der Gegenwert für dich ist. Oder auch: was sind die Alternativen, wieviel ist es Dir wert.

Alles fließt: Wie wichtig ist dir Datenschutz?

Unsere Datenschutz-Skala:
1. Daten? Schutz?
2. Also auf meine Alexa will ich nicht mehr verzichten ...
3. Ich nutze schon ganz gerne alles aus einer Hand. Wie bei Google oder Apple
4. Cortana hab ich deaktiviert ...
5. Ab und an denke ich über Mailverschlüsselung nach.
6. Unverschlüsselt kommuniziere ich ungern (Mail, Messenger und so)
7. Unverschlüsselt kommuniziere ich nicht (SSL, GPG, Signal und natürlich Full Disk Encryption ...)
8. Ich vermeide es, zweimal dieselbe Identität zu verwenden
9. Es gibt keine Daten, die nachweisbar von "mir" stammen

Su Steiger ist Kommunikations-Beraterin und Coach für digitale Reputation. Sie arbeitet freiberuflich als Journalistin und ist Dozentin an der Medienhochschule Mittweida. Sie ist seit Jahren mit der Buchbranche verbunden und aktuell Autorin für ein digitales Schulbuchs. Mehr zu ihr im Web auf ApropoSmedia.de

Copyright Titelfoto: Kristina Flour/unsplash.com

De-Facto-Verbot für baden-württembergische Lehrer: Kein Facebook für schulische Kommunikation

Ich musste zunächst einmal diesen Artikel vom SWR zweimal lesen, bevor ich verstand, worum es eigentlich geht. Vielleicht habe ich im Urlaub die Vordiskussion verpasst.

… muss den Umgang mit Kommunikation noch lernen, nicht nur in sozialen Medien.

Worum geht es?

Um unseren lieben Lesern die Verwirrung zu ersparen: Es geht darum, dass Lehrer in Bawü keine Online-Dienste zur „dienstlichen Kommunikation“ nutzen dürfen, die Daten auf ausländischen Servern speichern. Hintergrund ist der Datenschutz bzw. das Telemediengesetz, denn Daten auf FB-Servern unterliegen anderer Rechtssprechung als auf deutschen Rechnern.

So weit, so gut – Datenschutz ist ja prinzipiell eine gute Sache. Weniger gut ist es, wenn der Datenschutz eher wie ein vorgeschobenes Argument wirkt, weil man sich der German Internet Angst hingibt und einfach nicht recht versteht, was da passiert. Richtiggehend schlecht ist es, wenn man den Anschluss zur Zielgruppe verpasst und sie nicht mehr über die Kanäle informieren und mit ihnen kommunizieren darf, die sie routiniert benutzen. Schlichtweg unsinnig wird es, wenn erst gar niemand versteht, worum es eigentlich geht.

Schiefgelaufene Kommunikation: Was bedeutet das alles?

Denn der Fall geriet nur in die Öffentlichkeit, weil sich Lehrer unsicher sind, ob sie nun, wie auch der SWR reißerisch titelt, komplettes „Facebook-Verbot“ haben, ob sie Facebook nur nicht für die Absprache von Unterricht nutzen dürfen und ob das nur für Facebook gilt (Zuckerberg-Klausel o.ä.). Schwammig ist die Frage, was „dienstliche“ Kommunikation ist: Ein Lehrer darf offenbar nicht auf die Frage antworten, ob im Schwimmbad oder in der Halle die nächste Sportstunde stattfindet; aber darf er einen Grillabend zum Jahresende per Facebook organisieren? Und wie steht es mit dem Austausch von Dateien via Dropbox oder Drive, mit unverschlüsselten eMails oder Projektbesprechungen via Skype?

Und so lange diese Punkte so schwammig definiert bleiben, kann es kein richtiges Nutzerverhalten bei Lehrern geben. (Ich vermute ja, dass die Politiker dahinter selbst keine Ahnung von sinnvollem Gebrauch sozialer Netzwerke haben.) Immerhin bleibt Facebook als Gegenstand des Unterrichts erlaubt, wie aber extra betont werden muss.

Fazit: So sollte man nicht mit seinen Bürgern reden. Andererseits: Wer erwartet von diesen ekligen Gestalten, die uns regieren, eigentlich noch etwas Besseres?

Haben wir Angst?

Klaus Eck, Autor, Blogger und Reputation Manager, konstatiert in einem Interview eine „Social-Media-Angst“ in Deutschland:

Warum nutzt immer noch nur die Minderheit der Deutschen soziale Netzwerke?

Sie haben einfach pure Angst. In Deutschland frägt man sich immer „was kann ich falsch machen, wie kann ich mich am besten zurücknehmen“. Aus diesem Grund neigt man nicht dazu, sich in die Arme der Datenkraken der Welt zu werfen, sondern man sagt sich „dann mach ich lieber gar nichts, bevor ich etwas falsch machen kann“.

Sicherlich hat Klaus Eck mit der allgemeinen Tendenz, dass die Nutzung von Social Networks in Deutschland ausbaufähig ist, nicht ganz Unrecht. Aber grundlegender ist meines Erachtens die Frage, wo denn die gefühlte Angst herkommt bzw. was die Gründe dafür sind, dass viele Menschen so zurückhaltend sind.

  • Sind es wirklich datenschutzrechtliche Bedenken? Denn wenn es diese wären, könnte man sie Verweigerern nur schwerlich als Angst vorwerfen, da sie letztendlich in vielen Punkten gerechtfertigt sind.
  • Ist es bis zu einem gewissen Grad nicht einfach Desinteresse? Die Nutzung von Social Media ist keine Bedürfnisbefriedigung im engeren Sinne – jemandem, der ein Nice-to-have nicht nutzt, Angst vorzuwerfen, ist sicher zu weit gegriffen.

Die Grundaussage des Interviews ist trotzdem kaum abzustreiten – es gibt zweifelsohne Nationen, die neue technische Entwicklungen schneller und umfassender in ihr Leben integrieren. Aber es ist falsch, den Eindruck zu erwecken, als handle es sich hierbei um einen Status Quo, weil wir Deutschen eben so ängstlich und langweilig sind. Viel wichtiger ist doch, dass sich in den letzten Jahren, auch im Bereich der Sozialen Netzwerke, vieles getan hat – und weiter tun wird. Trotz diverser Verzögerungen bin ich immer wieder dankbar, dass in Deutschland eben nicht jede Erfindung samt Hype unübersehen übernommen wird. Im Hinblick auf diese Testfunktion ist eine gewisse Angst sogar recht nützlich.

Jurastudent gegen Facebook

Max Schrems reichte 22 Beschwerden über Facebook bei Irlands Datenschutzbeauftragten ein. Nun verhandelt Facebook direkt mit ihm. Eine Einigung würde europaweit gelten.

Dieses Zitat aus einem Zeit-Artikel geht schon runter. Auch wenn es Fragen aufwirft. Zum Beispiel, warum niemand früher auf diese Idee gekommen ist. Oder warum Facebook sofort direkt mit ihm verhandelt.

Ich kenne mich rechtlich nur wenig aus. Was ich aber ziemlich gut finde, ist das Grundprinzip dahinter: Ein Student hat eine Idee und setzt sie um. Und bringt mal eben einen großen Konzern in Erklärungsnöte. Wir dürfen gespannt sein, wie es weitergeht!

(HH)