Feigheit? Zur Pseudo- und Anonymität in Online-Diskussionen

Inspiriert durch Kathrin Huemer von Buchbranchenbande möchte ich hier unter Pseudonym geäußerten Kommentaren nachspüren. Unsere Facebook-Diskussion darüber bezog sich auf die Kommentare unter Artikeln auf boersenblatt.net.

Gründe für die Pseudonymität

  • Man ist nicht in der Position, um offen seine Meinung äußern zu können. Das ist zwar schade und meines Erachtens könnte man es oft trotzdem tun, aber wenn man privat eine andere Meinung vertritt als in seiner beruflichen Position, wird es wirklich schwierig.
  • Man möchte eine extreme Meinung kundtun und unter Umständen sogar beleidigend auftreten. Kathrin meinte dazu:

Ich glaube, dass Kritik in einem anderen Ton geäußert würde, würden die Leute ihren Namen drunter setzen müssen. So ist das häufig im Stil von „Ewignörgler und Besserwisser“.

Folgen für die Diskussion

  • Man zweifelt sich gegenseitig an. Die anonymen Kommentatoren sind viel mehr als die anderen damit beschäftigt, herauszustellen, dass auch sie überBranchen-/Fachkenntnis verfügen. Was ganz schnell vom Thema ablenkt und auf eine „persönliche“ Ebene geht.
  • Unsachlichkeit: Im Falle eines Artikels zum Suhrkamp-Urteil bemühen sich die Kommentatoren nicht einmal um Sachlichkeit, sondern benutzen ihre Pseudonyme, um in Ruhe spotten zu können. Das erinnert dann eher an einen digitalen Stammtisch als an eine ernsthafte Branchendiskussion.
  • Im schlimmsten Fall: Unfreiwillige Komik. Sprechende Namen sind an sich nichts Schlechtes, aber wenn sich PR-Tante und PR-Onkel streiten und sich auch noch der Opa dazugesellt, fragt man sich früher oder später, wo man da gelandet ist.

Fazit

By Eagleal (Own work) [GFDL (https://www.gnu.org/copyleft/fdl.html), CC-BY-SA-3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/) or FAL], via Wikimedia Commons
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Meist ist es also für die Diskussion als solche destruktiv, dass Pseudonyme verwendet werden. Gelegentliches Lästern zum Spaß ist die eine Sache, aber eine andere Sache ist die, nicht den Mut zu haben, sich offen zu seiner Meinung zu bekennen. Das schwächt meist die Diskussion insgesamt, weil es ein Unterschied ist, ob man für eine Position viele reale Namen auf seiner Seite hat oder „nur“ Pseudonyme – unter letzteren kann jeder alles schreiben, was es oft schwierig macht, sie überhaupt ernst zu nehmen. Daher: Mut zur Meinung!

"Meinungen und Ideen möglichst vieler sammeln" – Buchbranchenbande II

Hier ist der zweite Teil des Interviews mit Kathrin Huemer und Karin Hartmeyer, den Köpfen hinter der österreichischen  Buchbranchenbande (den ersten Teil gibt’s hier zum Nachlesen). Sie stehen Rede und Antwort zu ihrer Interviewreihe und erzählen, welche Projekte als Nächstes anstehen.

Bei eurer Interviewreihe „BuchBranchenProfile“ interviewt ihr jeweils Leute aus der Branche – müssen die irgendwelche bestimmten Voraussetzungen erfüllen? Wie trefft ihr hier die Auswahl?

Karin Hartmeyer und Kathrin Huemer

Kathrin: Ziel der „BuchBranchenProfile“ ist, die Meinungen und Ideen möglichst vieler Kolleg/innen zu sammeln, die mit Büchern arbeiten. Das ist einerseits spannend, weil man viel Neues über Leute lernt, mit denen man vielleicht schon lange zusammenarbeitet. Außerdem denken wir, dass es den Zusammenhalt stützt, wenn man liest, wo andere Schwierigkeiten haben, und motiviert, Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Konkret heißt das: Wir fragen alle Leute, die wir kennen, ob sie mitmachen wollen und freuen uns, wenn auch weitere Kolleg/innen anklopfen.

Eine weitere Kategorie liegt uns noch sehr am Herzen, die „BuchBranchenBeginnerInnen“. Hier bieten wir Berufseinsteiger/innen eine Plattform für ihre Anliegen. Das ist unserer Ansicht nach in Österreich besonders wichtig, weil hier die schon angesprochene Problematik besteht, dass der Einstieg schwierig ist.

Karin: Auch hier ist uns der branchenübergreifende Blick sehr wichtig. In Umbruchzeiten wie diesen ist es besonders gefragt, „Betriebsblindheit“ zu überwinden und von anderen Branchen zu lernen. Wir sind ja bei Weitem nicht die einzige Branche, die mit den Herausforderungen der Digitalisierung kämpft. Mit der Interviewreihe „BuchBranchenBeobachter“ befragen wir deshalb „branchenferne“ Personen, die oftmals neue Blickwinkel eröffnen.

Generell ist es natürlich eine besondere Herausforderung, Menschen zu finden, die unsere Fragen offen beantworten und tatsächlich ihre freie Meinung äußern können und wollen. Dies wäre quasi eine Art Voraussetzung.

Alles fließt: Was habt ihr noch alles vor?

Karin: Wir wollen mitreden.

Kathrin: Es gibt einige Projektideen, mit denen wir an die BUCH WIEN-Veranstaltungen anschließen möchten. Ich hätte zum Beispiel große Lust, ein Branchentreffen in der Art eines Barcamps zu organisieren. Das Buchcamp in Frankfurt letztes Jahr hat es mir angetan, besonders aufgrund der meiner Ansicht nach gelungenen Mischung aus Fortbildung und Branchenplaudern.

Karin: Außerdem gibt es den Plan, gemeinsam mit unseren Kolleginnen von den Jungen Verlagsmenschen Wien und den ARGE Jungbuchhändler/innen eine Art Buddy-Programm für Brancheneinsteiger/innen auf die Beine zu stellen. Dazu gibt es im Moment erste Brainstorming-Treffen.

Ideen haben wir so viele, es mangelt nur etwas an Zeit :-).

Frauenpower aus Österreich – Buchbranchenbande I

Interessante Gespräche auf der BUCH WIEN arrangieren – das ist nur eine von vielen Ideen der Buchbranchenbande. Wir waren neugierig, was hinter dem Projekt steckt, und haben die beiden Betreiberinnen, Karin Hartmeyer und Kathrin Huemer, zu ihren Zielen und Plänen befragt. Der zweite Teil des Interviews folgt in ein paar Tagen.

Alles fließt: Wer steckt hinter Buchbranchenbande? Was ist euer Ziel und wie kam es dazu?

Karin Hartmeyer

Karin: Wir haben die Bande gegründet mit mehreren Ideen in Kopf: Insgesamt wollen wir uns für eine stärkere Vernetzung von Kolleg/innen einsetzen, die in Österreich mit Büchern – bzw. Inhalten 😉 – arbeiten. Das soll zum einen den Austausch zu spezifisch österreichischen Herausforderungen ermöglichen, zum anderen soll das Ganze sich zum Teil auch online abspielen, damit alle Interessierten jederzeit teilhaben können.

Kathrin: Wir möchten gerne die gesamte Branche abseits der Verbände zusammenbringen – jeder, der Lust und Interesse hat, findet bei uns eine Plattform, um sich zu aktuellen, für die Branche relevanten Themen auszutauschen und seine Meinung und Ideen kundzutun. Wir arbeiten auch eng mit den Jungen Verlagsmenschen Wien und der ARGE Buchhändler/innen zusammen und stehen in Kontakt mit dem Hauptverband des österreichischen Buchhandels.

Unser erstes Projekt – „Book a Chat – Persönlichkeiten aus der Buchbranche erzählen von Werdegang, Arbeitsalltag und Perspektiven im „Berufsfeld Buch“ haben wir für die BUCH WIEN 12 auf die Beine gestellt – und waren sehr erfreut über den Erfolg und das positive Feedback.

Ach ja, „nebenbei“ sind wir im Verlags-Marketing bzw. in der Öffentlichkeitsarbeit eines Verbandes tätig.

Alles fließt: Ich finde es spannend, dass ihr als spezifisch österreichisches Projekt in Erscheinung tretet. Was war der Auslöser für diese Entscheidung?

Karin: Zunächst muss man beachten, dass die historischen und politischen Voraussetzungen und Umstände der Branche in Österreich andere sind als in Deutschland. Wir meinen, dass hierzulande ein ganz besonderer Handlungsbedarf besteht, der in Deutschland in vielen Fällen ein anderer bzw. bereits in erfolgreicher Bearbeitung ist. Hierbei müssen wir unseren deutschen Kolleg/innen ein deutliches Lob aussprechen, die uns mit (Online-)Netzwerken, Barcamps und anderen offenen, ungekünstelten Veranstaltungen sehr inspiriert haben. In Österreich möchten wir die Entwicklung nur zu gerne ein wenig anstoßen und vor allem auch die Vernetzung der bereits bestehenden Netzwerke forcieren.

Kathrin Huemer

Kathrin: Ein weiteres Motiv war und ist die These, dass sich die österreichische Buchbranche vielen spezifischen Herausforderungen gegenüber sieht. Unser Markt ist etwa ein Zehntel so groß wie der deutsche, und für österreichische Verlage ist es schwer, auf dem deutschen Markt zu reüssieren. Hinzu kommt die Ausbildungssituation: Es gibt hier, im Gegensatz zur größeren deutschen Branche, kaum formale Ausbildungen. Es besteht die Möglichkeit, eine Lehre, wie wir das in Österreich nennen, beispielsweise zum/r Buchhändler/in oder zur/m Buch- und Medienwirtschafter/in zu machen. Bei höheren Ausbildungen sieht es dagegen schlecht aus. Für ein praxisorientiertes Studium muss man beispielsweise nach Leipzig oder München. Viele weichen deshalb auf eine Geisteswissenschaft wie Germanistik oder Literaturwissenschaft aus. Vielfach gelingt der Einstieg dann über ein meist unbezahltes Praktikum. Aber auch in diesem Fall gibt es keinen einheitlichen Weg wie bei euch die Volontariate, wo die Rahmenbedingungen recht genau abgesteckt sind. Der Einstieg in die Buchwelt hängt deshalb noch in viel höherem Maße von Vernetzung und sehr großem persönlichen Engagement ab.

Uns interessiert aber ganz einfach auch, mit welchen Problemen unsere österreichischen Kolleg/innen im Alltag zu kämpfen haben genauso wie wir hören wollen, was die Arbeit mit Büchern in der Alpenrepublik so schön macht.