Manchmal frage ich mich, ob ich alt werde. Aber es gibt da diesen kleinen beharrlichen Gedanken, der sagt, dass es nicht so ist und dass ich einfach nur Recht habe. Der Kern dieses inneren Streits sind immer öfter Emoticons. Versteht mich nicht falsch, ich habe trotz germanistischem Hintergrund keine Berührungsängste mit Emoticons, im Gegenteil. Meiner Meinung nach sind sie eine gute Möglichkeit, um Gefühle per Chat zu transportieren. Das ist v.a. dann hilfreich, wenn womöglich nicht ganz klar ist, wie eine Bemerkung gemeint ist – Ironie ist das beste Beispiel dafür. Es gibt auch Menschen, die mit Emoticons ganze Geschichten erzählen können. Für den täglichen Gebrauch finde ich das zwar etwas aufwändig, aber es ist eine interessante Möglichkeit, sich auch ohne Worte auszudrücken. Und natürlich praktisch für alle, die nicht malen können.
Lachender Smiley bei Kritik?
Gelegentlich frage ich mich aber, ob Emoticons hin und wieder mehr aus Dekorationszwecken verwendet werden. Zumindest passen sie auf den ersten Blick oft so gar nicht in den Zusammenhang. Einer meiner großen „Feinde“ diesbezüglich ist der lauthals lachende Smiley, der oft auch noch Tränen lacht. Bei einem Witz oder einer lustigen Begebenheit kann man den auch verwenden, keine Frage. Aber wenn man jemandem mitteilt, dass man anderer Meinung ist? Wird dieser Smiley ernsthaft dazu verwendet, um dem anderen klar zu machen, dass man ihn oder sie trotzdem noch mag? Oder ist es nicht eher doch ein virtuelles Auslachen der Person? Oder sogar Überheblichkeit, weil ja eigentlich völlig klar sein sollte, was gemeint ist?
Ich finde, er macht auch dann keinen Sinn, wenn eine Person ihr Missfallen über etwas geäußert hat. Selbst wenn man die Person real dafür auslachen würde – was in der Tat fragwürdig ist, v.a. wenn das Missfallen berechtigt ist –, kommt so etwas digital noch härter rüber als im nicht-digitalen Leben. Denn ein reales Lachen verklingt. Das Emoticon bleibt so lange stehen, bis jemand etwas Neues schreibt.
Ein weiterer Fall ist es, eine Aussage zu tätigen und diese dann von einem Heer an Smileys zu begleiten. Wenn es die braucht, um eine mögliche Ironie auszudrücken, okay – auch wenn eigentlich einer reichen sollte. Aber wenn ich beim besten Willen keine Ironie finden kann? Ist es eine Art Unsicherheit und der Wunsch, eine allzu klare Aussage zu vermeiden, um das Gegenüber nicht versehentlich abzuschrecken?
Verwirrungen und Missverständnisse
Hin und wieder sind Emoticons auch Insiderwitze zwischen verschiedenen Personen – gerade in Gruppenunterhaltungen ist das bisweilen schwierig auseinander zu halten. Aber ich bin ein großer Anhänger von klarer Kommunikation und finde, solche laxe Emoticon-Verwendung trägt nicht dazu bei. Trotz des enorm hohen Kommunikationsaufkommens in unserer heutigen Zeit ist häufig unklar, was die andere Person eigentlich meint oder sagen will. Im Grunde ist ein Lachen eine positive Emotion. Aber es kann eben auch gewaltig missverstanden werden. Wie überhaupt in schriftlicher Chat-Kommunikation fast alles missverstanden werden kann. Zugegeben, das ist das Wesen von Kommunikation. Aber gerade in Chats ist man gefühlt in der Hälfte aller Nachrichten damit beschäftigt, andere Nachrichten zu erklären.
Schlechte Angewohnheiten
Das liegt in vielen Fällen gar nicht an bösen Absichten, sondern daran, dass viele Menschen der Kommunikation oft nicht genug Stellenwert einräumen. Nebenbei während der Arbeit, abends schnell auf dem Weg nach Hause, kurz während des Abendessens – wenn es immer nur nebenbei und möglichst schnell geschieht, ist man nur schwer in der Lage, sich angemessen Gedanken darüber zu machen, wie die Aussage beim Gegenüber ankommt. Da helfen dann auch drei lachende Smileys nicht.
Ich habe mir angewöhnt, während der Arbeit nur in Ausnahmefällen aufs Handy zu schauen. Bei manchen Gruppenunterhaltungen bin ich damit dann zwar raus, weil sie schon wieder beendet sind, bis ich abends zuhause bin. Aber ich will nicht diesen Druck verspüren müssen, jetzt sofort irgendetwas zu schreiben. Ich finde es auch sehr legitim, eine Nachricht zu lesen und sie dann zu beantworten, wenn ich Muße dafür habe – dadurch kann ich im Notfall reagieren und in allen anderen Fällen warten, bis es passt. Denn wenn mir ein Freund beispielsweise ein Problem schildert oder mich um Rat fragt, will ich ihn nicht mit etwas schnell Hingetipptem abspeisen. Und wie gesagt, wenn meine Worte nichts taugen, helfen auch hier keine drei lachenden Smileys.
Ich finde, man kann sich die Zeit nehmen, um nochmal über seine Worte zu lesen. Und zu überlegen, ob sie wertschätzend ankommen oder nicht doch irgendwie abwertend. Die ganz Mutigen können am Ende dann auch darüber nachdenken, ob es die Smileys überhaupt braucht. Unsere Sprache hat gewaltige Ausdrucksmöglichkeiten und manchmal vergessen wir die.