Wahrscheinlich sehen sich die astikos-Verleger öfter mit irritierten Nachfragen konfrontiert. Ein neuer Verlag? Okay, zwar nicht unbedingt DAS Unternehmen in einer Branche in schwieriger Zeiten, aber okay. Urbaner Schwerpunkt? Schon besser, wird ja alles immer urbaner. Aber Moment, eine Genossenschaft?!? Warum das?
Wir haben kurzerhand einen der astikos-Gründer, Nikk Schmitz, zum Facebook-Gespräch gebeten.
Dennis: astikos möchte alle Beteiligten vom Autor bis zum Leser am Publizieren beteiligen. Wie kam es zu eurem genossenschaftlichen Ansatz und wie wichtig war es euch dabei, einen (basis-) demokratischen Ansatz zu haben? Das scheint ja ein Trendthema zu sein – beispielhaft ein Artikel aus der brandeins.
Ein häufiger Einwand gegen solche Modelle: Damit ist man nicht besonders wendig, wenn immer alle „abgeholt“ werden müssen. Wie handlungsfähig und entscheidungsfreudig seid ihr und wie stellt ihr das sicher?
Hanna: Zwischenkommentar: Es müsste doch eher konsensverfahrenstechnisch als demokratisch heißen, oder? Denn bei Demokratie reicht ja die Mehrheit, bei Konsensverfahren müssen alle einverstanden sein. (Ändert aber nichts an der Grundfrage)
Nikk: Wahrscheinlich wäre Konsensverfahren der korrekte Ausdruck. Wir wollen allerdings damit nicht nur auf die Art der Entscheidungsfindung hinweisen, sondern gleichzeitig auch vermitteln, dass bei uns alle das gleiche Mitspracherecht haben – ganz gleich ob Gründer oder neues Mitglied.
Das ist auch der Grund, weshalb wir uns für die Genossenschaft als Gesellschaftsform entschieden haben. Unser Konzept kann nur funktionieren, wenn viele Köpfe ihr Wissen mit in den Topf schmeißen. Und wenn alle gleichermaßen an unseren Entscheidung teilhaben… Uns ist bewusst, dass diese Form nicht die agilste ist – mit jedem neuen Mitglied ändert sich die Dynamik und damit könnten wir schwerfälliger werden. Aber das sehen wir nicht als Problem, sondern eher als Herausforderung. Eine Strategie, die wir uns herausgesucht haben, um Probleme zu vermeiden, ist kontrolliertes, langsames Wachstum. Wir versuchen neue Mitglieder nacheinander langsam in unsere Arbeitsweisen einzuschließen. So haben wir die Möglichkeit unsere Arbeitsmittel anzupassen und weiter zu entwickeln.
Hanna: Wie gut funktioniert das in der Praxis? Ihr seid über ganz Deutschland verteilt, habt zweimal wöchentlich Skype-Konferenzen, aber keine feste Rollenverteilung, d.h. dass jeder bei jedem Projekt etwas anderes tun darf, wenn er das möchte. Wie kommen die Beteiligten mit dieser offenen und wechselnden Arbeitsweise klar und wie kann man sie dabei unterstützen?
Nikk: Bis jetzt hat das ganz gut funktioniert :). Gerade in den Bereichen der Projektplanung und internen Kommunikation haben wir schon diverse Tools ausprobiert. Anfangs haben wir z.B. die Plattformen Just und Trello ausprobiert. Das ging bis zu einem gewissen Grad gut. Aber irgendwann hatten sich unsere Ansprüche geändert – wir wussten besser, was wir wollen und brauchen. Deshalb haben wir dann zu Basecamp gewechselt. Und wenn das eines Tages nicht mehr genug für uns ist, dann werden wir uns wieder umsehen. So verbessern wir unsere Zusammenarbeit stetig weiter. Die offene Rollenverteilung kommt bis jetzt sehr gut an. Allerdings haben wir da auch noch keine großen Experimente gewagt. Die momentan aktiven Genossinnen und Genossen sind alle in der Buchbranche tätig und haben ihre Spezialgebiete. Das spiegelt sich auch in der Aufgabenverteilung in den Projekten wider. Wir haben uns mal überlegt, interne Fortbildungen anzubieten. Vielleicht im Rahmen einer Webinarreihe, in der jeder den anderen seinen Aufgabenbereich vorstellt. Bis es so weit ist, unterstützen wir uns gegenseitig so gut wir können.
Hanna: Jetzt sind wir ja gerade schon mittendrin in eurer Arbeit ;-). Ihr seid ein Verlag mit den Prinzip „digital first“ und habt den Hashtag #verlagneudenken okkupiert. Was ist das Besondere an eurem Verlag, habt ihr Schwerpunkte und was genau ist mit #verlagneudenken gemeint?
Nikk: Mit #verlagneudenken wollen wir die Diskussionen über unsere Entwicklungen und Vorschläge in den sozialen Medien bündeln. Bei astikos geht es ja nicht nur um Bücher (egal ob digital oder print) – wir stellen unser Projekt auch zur Verfügung um verschiedene unternehmenstechnische Ansätze zu testen. Sei es die dezentrale Arbeit, die Zusammenhänge zwischen digital und analog, oder diverse Ansätze unsere Gedanken und Entscheidungen transparent zu kommunizieren.
Dass wir nach dem digi-first Prinzip veröffentlichen ist übrigens keine Wertung bezüglich der Diskussion digital versus print – das hat rein praktische Gründe.