Roboter als Konkurrenz für Autoren?

Wie viel Kreativität braucht man, um einen Text zu schreiben, der gern gelesen wird, oder um ein Foto zu schießen, das gern verwendet wird? Diesen Fragen geht Folge Nr. 50 des Elektrischen Reporters nach und landet neben altbekannten Erkenntnissen zu Microstock-Fotografie beim Roboter-Schreiben. In Amerika gibt es bereits mehrere Agenturen, die Sportberichte per Roboter erstellen lassen und anschließend nur noch kurz verbessern – zweifelsohne eine große Zeitersparnis. Zwar fehlt das kreative Element, weshalb sich die Süddeutsche am Ende des Beitrags für den Qualitätsjournalismus ausgesprochen hat, aber angesichts der technischen Entwicklungen ist auch das möglicherweise nur noch eine Frage der Zeit.

Ein Schema für alles

Wenn diese Technologie wirklich gut weiterentwickelt wird, dann müssen sich die Verlage in Zukunft keine Gedanken mehr über Self-Publishing machen, sondern ihre Autoren über die Konkurrenz durch Roboter-Autoren. Sicher nicht für die großen literarischen Werke, aber durchaus für 08/15-Liebes- oder Fantasyromane, die man bereits heute in Massen anbietet und die alle nach einem Schema funktionieren. Eine ähnliche Entwicklung sieht man bereits in der Fotografie: Sehr viele Fotografen, die aufgrund technischen Basiswissens und ausgefeilter Bildsoftware gute Fotos machen können, sind eine immer stärkere Konkurrenz für wenige Top-Fotografen. Warum sollte es nicht auch beim Bücher schreiben dazu kommen?

Zukunftsmusik

Literatur ist ein komplexes Feld – wir haben also noch einige Jahre, um uns mit derartigen Gedanken anzufreunden oder auch nicht. Aber vielleicht wird das 21. Jahrhundert auch als das Jahrhundert der „Underdogs“, die allein aufgrund technischer Möglichkeiten Weltruhm erlangen konnten, in die Geschichte eingehen.

Der Schein trügt

Allein schon die Erwartungen der Abnehmer und Konsumenten, die Gier nach Spektakulärem, geboren aus einem wahnwitzigen Überangebot an Bildern […].

In einem Zeit-Artikel geht um manipulierende Pressefotografie – ein italienischer Fotograf fotografierte seine Kollegen beim Fotografieren in Krisengebieten und zeigte dabei deutlich die Manipulation vieler Fotos. Und legt dabei den Finger in die Wunde: Fotos zeigen das, was sie zeigen sollen – das kann jeder Hobby-Fotograf bestätigen. Trotzdem will jeder die Fotos, sobald sie einmal gemacht sind, sehen – auch das kann jeder Hobby-Fotograf bestätigen. Unser Wille, von allem, was es gibt, Bilder zu sehen, treibt kuriose und bisweilen gefährliche Blüten.

Überall Bilder

Spätestens seit der Verbreitung der Digitalkameras kann man nicht mehr die Augen verschließen – vor alkoholbedingten Entgleisungen von Freunden, vor zweifelhaften Körperpräsentationen oder vor Fotos, die eigentlich gar nichts zeigen. Ich bin selbst leidenschaftliche Amateur-Fotografin und fotografiere im Rahmen dieses Hobbies auch jede Menge Schrott. Aber ich lade diese Fotos nicht ins Internet und schicke jedem in meinem Bekanntenkreis den Link dazu. Jegliche Vorauswahl hat abgenommen – und ist damit das Gegenteil der oben beschriebenen, überkorrigierenden Auswahl, das aber um keinen Deut besser ist, wie man in einem Telepolis-Artikel sehen kann. Die Verbrechen, die in diesem Artikel beschrieben werden, stehen hier außer Frage. Mich interessiert das Phänomen, dass derartige Taten mit der Digicam festgehalten werden – das scheint leider ein ganz typisches Verhalten unserer Zeit widerzuspiegeln.

Ohne Bilder?

Dass es auch anders gehen kann und das nicht zwangsläufig ein Schaden ist, zeigt die Pilotstudie einiger größerer Unternehmen, von der Spiegel Online berichtet. Dort wurde einige Zeit mit anonymisierten Bewerbungen, also auch ohne Foto, gearbeitet. Schlechte Erfahrungen gab es keine. Trotzdem wollen nicht alle Unternehmen dieses Vorgehen in Zukunft umsetzen – zu groß ist wohl auch die Gewohnheit, sich von den Bewerbern per Foto ein Bild zu machen.

„Über-Bedeutung“ von Bildern

Mir scheint es, dass Bildern zu viel Bedeutung zugemessen wird. So wichtig der aufklärerische Aspekt von ihnen ist, so bedenklich sind die Auswüchse, wenn quasi jedes Bild wichtig ist und der Fotograf durch die Reaktionen enorme Bestätigung erhält. Im Gegensatz zu vielen anderen Themen wird diese Bilderflut momentan noch nicht einmal hinterfragt, dabei ist das ein Thema, das wirklich jeden von uns betrifft. Distanzierteres Verhalten der Betrachter und sensibleres ebenso wie ehrlicheres Vorgehen der Ersteller von Fotos wären ein wichtige Schritte zum Ziel, unser Verhältnis zu Bildern wieder etwas ins Gleichgewicht zu rücken.