Unsere Reihe Metamorphosen behandelt Lebens(abschnitts-)wege, die nicht ganz linear verlaufen. Quer-Ein/Aus/Um-Steiger (vor allem aus der Medienbranche) zeigen, dass es spannender geht als vierzig Jahre dasselbe zu machen.
Heute stelle ich selber PraktikantInnen und WerkstudentInnen mit ein. Das sind, da ich mittlerweile von der Buchbranche in die Marktforschung gewechselt habe, häufig auch WirtschaftswissenschaftlerInnen. Der Unterschied zu meinen eigenen Erfahrungen als Buchwissenschaftlerin sind ganz klar die Gehaltsverhandlungen. Ein sechsmonatiges Praktikum für lau? Eine schlecht bezahlte Aushilfsstelle aus idealistischen Gründen? Dann könnten wir unsere Charts ganz schnell wieder selber klopfen. Zu diesen Bedingungen, die für die Buchbranche ja so selbstverständlich sind, müssten wir lange nach einer fähigen Aushilfe suchen.
Der Punkt, der mich daran immer gestört hat, ist nicht die schlechte oder nicht existente Bezahlung an sich, obwohl es weiß Gott nicht einfach ist, als Student von 160 Euro Kindergeld im Monat zu leben. Der Punkt ist die Wertschätzung, die man als Arbeitgeber seinen Mitarbeitern durch eine zumindest angemessene Bezahlung entgegenbringt. Dieses Gefühl der Wertschätzung und des Vertrauens, Aufgaben auch selbstständig zu erledigen, trägt für mich persönlich einen wichtigen Teil zur Zufriedenheit mit meiner Arbeit bei. Dieses Gefühl hatte ich bei meinem Job in einer Fachbuchhandlung neben dem Studium und genau diesen Anspruch wollte ich auch an meinen Vollzeitjob stellen.
Ich bereue es nicht, Buchwissenschaft oder Geisteswissenschaften an sich studiert zu haben. Im Gegenteil! Man lernt fürs Leben, das war schon immer mein Ansatz, und ich glaube, dass mir viele Soft und auch einige Hard Skills, die ich mir während meines Studiums angeeignet habe, auch heute noch sehr hilfreich sind. Bei meinem jetzigen Job bin ich zum Beispiel eine gefragte Ansprechpartnerin, was die Endabnahme aller Art von Schriftstücken anbelangt. Mein Studium hat mich eben auch den Blick fürs Detail gelehrt.
In meiner Zeit als Volontärin bei einem internationalen Sachbuchverlag konnte ich mir ebenfalls einige Fähigkeiten aneignen, die ich auch heute noch täglich anwende. Allerdings beschränken sich diese Fähigkeiten auf das Stichwort Bürokommunikation. Und Excel-Tabellen zu formatieren und Serienbriefe zu schreiben − das hätte ich wohl auch in jedem anderen Bürojob lernen können.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, mein Herz hängt immer noch an der Buchbranche, aber ich genieße mittlerweile den Blickwinkel einer Außenstehenden. Persönlich bin ich sehr zufrieden mit meiner Entscheidung, die Branche gewechselt zu haben, auch wenn ich an meine zahlreichen Studienfreunde denke, die mit um die 30 immer noch Fernbeziehungen führen und ständig Kompromisse eingehen müssen. Ich bin einfach nicht der Typ für Kompromisse.
Simone Klebes hat Buchwissenschaft, Anglistik und Spanisch in Erlangen studiert. Nach einem einjährigen Volontariat bei einem internationalen Sachbuchverlag und einem kurzen Abstecher in die Spielwarenbranche hat sie eigentlich nur das Medium gewechselt − vom Buch zum Radio. Sie arbeitet heute bei einem international tätigen Marktforschungs- und Beratungsunternehmen mit Spezialisierung auf die Radiobranche.
Auch ganz schön zum Thema heute ein passender Artikel bei Telepolis: „Praktika in Deutschland – am liebsten zum Nulltarif“ (https://www.heise.de/tp/artikel/41/41408/1.html)
Guter Beitrag, Simone. Ich bin auf die Fortsetzung dieser Reihe gespannt und vor allem auf die Gegenargumente. Schließlich steht es bis jetzt 0:2 für die Einsteiger.