Wollt ihr wissen, wie man auch im Alter von 30 Jahren andere Menschen immer noch sprachlos machen kann? Man erzählt ihnen, dass man gekündigt hat. Und, ganz wichtig: Nicht weil man bei der aktuellen Stelle extrem gemobbt wird oder unhaltbare Zustände erlebt, sondern einfach weil es nicht passt. Das ist aus meiner Sicht ein extrem guter Grund, zu kündigen. Leider machen das viel zu wenige, weil eine sehr diffuse Angst sie daran hindert.
Am Anfang war eine Erkenntnis
Bei mir war es so, dass ich irgendwann feststellte, dass das Gesamtpaket nicht mehr stimmte: Der lange Anfahrtsweg zum Job, die Stadt, in der ich mich nicht wohlfühlte, die wenige Freizeit … Relativ ungünstig war die Tatsache, dass diese Erkenntnis tatsächlich recht schnell nach dem Beginn in einem ansonsten recht guten Job aufkam. Ich wartete ab, ob dieser Gedanke nach einer Veränderung nur eine Phase war, aber dem war nicht so. Nach meinem Urlaub, in dem ich zwei Wochen lang Freunde und Familie besucht und meine Freiheit genossen habe, macht es mich echt fertig, wieder zur Arbeit zu müssen. Zu diesem Zeitpunkt wartete ich schon mehrere Monate auf einen passenden Zeitpunkt für die Kündigung, ohne in meinem Job allzu großes Chaos zu hinterlassen. Als dann alles passte, machte ich Nägel mit Köpfen und kündigte, ohne einen neuen Job zu haben.
Vertrauen in die eigenen Überlebenskünste
Dass das nicht jedermann Sache ist, kann ich durchaus verstehen. Der Hintergrund bei mir war, dass ich meistens relativ viele Freizeitprojekte nebenher laufen habe. D.h., ich hatte abends wenig Zeit, um regelmäßig den Stellenmarkt zu verfolgen, geschweige denn Energie nach einem Acht-Stunden-Arbeitstag. Meine letzte Bewerbungsphase davor war relativ gut verlaufen, so dass ich tatsächlich Vertrauen hatte, in absehbarer Zeit wieder etwas zu finden. Und das Wissen, dass eine Phase der Arbeitslosigkeit nicht das Ende bedeuten würde. Außerdem verfügte ich über finanzielle Rücklagen, um eine zeitweise Sperrung des Arbeitslosengelds aufgrund der Kündigung ohne triftigen Grund zu verkraften.
Ich habe also rein karrieretechnisch alle Ratschläge in den Wind geschlagen und gemacht, was sich für mich persönlich am besten angefühlt hat. Interessanterweise hatten recht viele Leute, auch die Personaler, Verständnis dafür, dass ich genug von München hatte und wieder zurück in die fränkische Heimat wollte. Im ersten Moment war ihnen Schock und Erstaunen anzusehen, aber die meisten äußerten anschließend Bewunderung dafür, dass ich das, was ich für das Richtige halte, konsequent umsetze. Es hat sich auch für mich selbst insofern gut angefühlt, weil ich zur Abwechslung nicht das ausführen musste, was das übliche Verhaltensmuster vorsieht. Diesmal war es das, wofür ich mich selbst entschieden hatte.
Und heute?
Tatsächlich ist – nach jetzigem Stand – auch alles gut gegangen. Der neue Job in der Wunschstadt Nürnberg hat geklappt und das Gefühl, ich würde nur für die Arbeit leben, ist weg. Wie es sich mit der Erwerbsarbeit und mir dauerhaft entwickelt, ist ein anderes Thema, aber grundsätzlich bereue ich es nicht, dass ich endlich aktiv Verantwortung für mein Wohlbefinden übernommen habe. Und möchte auch dafür plädieren, diese Option öfter in Erwägung zu ziehen. Die wenigsten Menschen in meinem Umfeld sind zufrieden mit ihrem Job. Trotzdem löst der bloße Gedanke an eine Kündigung schnell Panik aus. Zweifelsohne gehört ein Teil meiner Freunde und Bekannten zu denen, die einfach gerne jammern. Aber der andere Teil lässt noch nicht mal das Gedankenspiel zu, was denn die Alternative zum unglücklich machenden Job wäre. Eine Kollegin von mir hat vor ein paar Tagen die kluge Frage gestellt: „Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?“
Es gibt selbstverständlich auch andere Gründe seinen Job zu kündigen: Das vorhin angesprochene Mobbing ist definitiv einer, dauerhaft fehlende Entwicklungsmöglichkeiten gehören je nach Umfeld ebenfalls dazu. Und natürlich schildere ich hier ein Luxusphänomen. Es gibt viele Menschen, die fast alles für einen Job tun würden und seit Langem keinen passenden bekommen. Trotzdem will ich zum Nachdenken anregen, ob sich der ein oder andere aus Bequemlichkeit vielleicht zu gemütlich auf seinem Platz eingerichtet hat.
Bildquelle Titelbild: Aaron Birch
Hi,
ich habe das gleiche gemacht – letztes Jahr, da hab ich an meinem 29. Geburtstag beschlossen zu kündigen. Eine Woche später hatte ich meine Auszeit in Irland geplant, habe gekündigt und als ich zurückkam habe ich binnen 3 Monate meinen Traumjob gefunden. Ich habe nach Ausbildung in der Versicherung und BWL-Studium neben dem Beruf einfach meinen Job als Sachbearbeiterin gekündigt, weil er mir keinen Spaß gemacht hatte und ich keine Entwicklungsmöglichkeiten gesehen habe. Jetzt arbeite ich in einem Verlag, ebenfalls in Leipzig.
Ich glaube, ich hab das nur gemacht, weil ich nach vorherigen Krisen auch immer alles gut gemeistert habe und weil ich auch Rücklagen hatte. Ich würde das nicht jedem Menschen empfehlen – aber wenn es gut geht, hat man mehr gewonnen als man verlieren konnte. Es hängt von jedem selbst ab. Was ist man bereit dafür zu tun? WIll man eine Veränderung oder will man nur jammern?
LG Myriam
PS: Ich hoffe, du bist noch glücklich. 🙂
Hallo Myriam,
vielen Dank für deine Geschichte! Freut mich, dass es bei dir ähnlich gut wie bei mir geklappt hat.
Ich bin ja großer Anhänger der Theorie, dass es in den meisten Fällen besser ist irgendetwas zu tun als nur abzuwarten – einfach weil wir extrem anpassungsfähig sind, wenn wir es sein müssen. Aber natürlich macht gerade das Angst und insofern hast du völlig Recht zu sagen, dass es von jedem selbst abhängt. Ich denke, das Einzige, was man tun kann, um das auch bei anderen zu „wecken“, ist, seinen Freunden den Rücken freizuhalten, wenn sie mal was außer der Reihe machen. Mir hat es sehr geholfen, dass ich wusste, dass mich mein Umfeld versteht und unterstützt.
LG Hanna
P.S.: Danke der Nachfrage, ich bin der Tat noch glücklich :-).