Weihnachten 2022 – die überleben wollen! [Halbadventskalender]

Vielen Dank an Steffen Meier, Leitung Verlagsbereich Online beim Ulmer Verlag, für die Antwort auf unsere Halbadventskalenderfrage!

Die feine Ironie des Titels erschließt sich vermutlich eher den Senioren unter den Lesern dieses Blogbeitrags. Für die Nachgeborenen: es handelt sich um eine Anspielung auf den Film „Soylent Green“, auf deutsch eben „Jahr 2022 … die überleben wollen„. Eher eine Dystopie von Regisseur Richard Fleischer mit dem damals omnipotenten Charlton Heston in der Hauptrolle.

Quelle: Wikipedia

Aus der Sicht des Jahres 1973, in dem der Film gedreht wurde, eine potentiell durchaus denkbare Zukunft, in der industrieller Kannibalismus betrieben wird, um Hungersnöte zu vermeiden. Wir Gegenwärtigen, die wir viel näher an diesem Datum leben, empfinden eher amüsiertes Gruseln – undenkbar, dass so etwas in einem zivilisierten Staat in 10 Jahren passieren könnte. Und da kommen wir eben auch zu den prognostischen Problemen, auf die schon Matthias Horx, seines Zeichens Trendforscher, hingewiesen hat: „Wir können uns die Zukunft immer nur als Apokalypse, Konsumhölle oder absurden Comic-Strip vorstellen. Wenn wir aber einmal dort sind, wird sie sich als ganz normaler Ort zum Lieben, Heiraten, Autofahren und Kinderkriegen erweisen.“

Jetzt stellt sich der Schreiber dieser Zeilen natürlich kopfkratzend die Frage, wie er denn elegant den Bogen vom Kannibalismus zum Weihnachtsfest hinbekomme? Am besten durch Ignoranz des vorher Geschriebenen („Was gehen mich meine dummen Worte zwei Absätze weiter oben an?“) und den direkten Sprung zu Horx: Auch Weihnachten 2022 wird ein ganz normaler Ort zum Feiern, Trinken, Beschenken und Familienstreiten sein. Das liegt aber immanent in solchen traditionsbeladenen Festivitäten verankert – wir wollen ja gar nicht Veränderung im Ruheraum Weihnachten, wir brauchen diesen Fixpunkt mit Bezug meist zur eigenen Kindheit.

Ob wir entfernte Verwandte per Fernsehvideofonie belämmern, den einen oder anderen E-Book-Gutschein verschenken oder gar eines der neuen, rollbaren Smartphones, ob wir inzwischen erste Geschenke dem hauseigenen 3D-Drucker entlocken – es wird am Kern des Weihnachtsfestes wenig ändern, es vielleicht in der medial durchdrungenen Alltagshektik zum überlebensnotwendigen Panic Room der Ruhe machen.

Abseits des Weihnachtsfestes wird es aber mit Sicherheit zu Veränderungen kommen, die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt wird alltäglich sein, Datenbrillen und Digitale Identitäten werden uns beschäftigen, der Schutz unseres digitalen Selbst versus durch Post Privacy erreichbare Mehrwerte bestimmt die Diskussionen. Die Welt wird weitgehend endgültig zum digitalen Dorf – mit allen Nachteilen, die eine Dorfkultur so mit sich bringt. Unsere Loyalitäten verschieben sich hin zu globalen Tribes, weniger zum regionalen Raum, in den wir hineingeboren wurden. Mit Sicherheit wird aber die Wissenschaft weder die Mechanik eines Warpantriebs noch das Geheimnis der sockenfressenden Waschmaschinen geklärt haben (das geschieht erst zehn Jahre später und hat mit schwarzen Miniatur-Löchern und der Entdeckung eines von intelligenten Socken bewohnten Paralleluniversums zu tun).

Insofern wird zumindest Weihnachten 2022 so bleiben wie wir es gewohnt sind – außer, uns fällt doch noch der Himmel auf den Kopf. Oder die Vogonen bauen ihre Umgehungsstraße …

Ich wünsche mir seit Jahren, wenn meine Mutter mich nach meinen Weihnachtswünschen fragt, immer dasselbe: „Ruhe und Frieden“. Das wünsche ich den Lesern dieser Zeilen natürlich auch.

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