Die Unternehmen sind die Bösen

Es gibt mal wieder eine Studie zur Social-Media-Nutzung in Deutschland, die erfreulicherweise auch interessante Ergebnisse präsentiert. Weitere Informationen und das PDF der Roland-Berger-Studie („German Social Media Consumer Report 2012/2013“) finden sich hier.

Erstes essentielles Ergebnis:

No matter what age, educational background, or income, and no matter where in Germany they live, everyone uses social media.

Das führt dann auch zu „Folgeerscheinungen“ wie der, dass Soziale Netzwerke das zweitwichtigste Kommunikationsmedium nach dem Telefon sind (vor E-Mail und SMS). Und prinzipiell ist Social Media sowieso in allen Lebensbereichen relevant, nicht nur bei der Kommunikation.

Große Ausnahme: das Berufsleben. Soziale Netzwerke und Dienste werden nur von 3 bis 7 Prozent der Nutzer für Arbeitszwecke verwendet. In vielen Unternehmen gibt es Restriktionen oder Verbote für Social Media.

Zweites essentielles Ergebnis:

Companies have not fully adapted to this change in society yet.

By User:Wykis [Public domain], via Wikimedia Commons
By User:Wykis [Public domain], via Wikimedia Commons
Das beinhaltet zum Beispiel die Tatsache, dass der Werbeetats anteilsmäßig überproportional für „klassische“ Werbeformen eingesetzt werden, obwohl Webseiten und soziale Netzwerke bereits 22 Prozent der Kaufentscheidungen beeinflussen. Eine starke Beeinflussung durch Social Media lässt sich feststellen, wenn eine der folgenden Komponenten zutrifft:

  • wichtige Entscheidung
  • sehr aktiver Social-Media-Nutzer
  • niedriges Einkommen (da Kaufentscheidungen hier allgemein stärker hinterfragt werden)

Diesselben Faktoren treffen auch auf die Beeinflussung von Markenbindungen („brand relationships“) durch Social Media zu. Besonders wichtig ist der Einfluss von Social Media bei Kaufentscheidungen im Online-Handel und in der Medienbranche, bei Markenbindungen zusätzlich im Unterhaltungselektronik- und Kommunikationsdienstleistungsmarkt.

So weit, so gut. Allerdings geben etwa 60 Prozent der deutschen Konsumenten an, keinen Nutzwert durch die Verlautbarungen der Unternehmen in Sozialen Netzwerken zu erhalten. 37 Prozent fühlen sich durch die Nachrichten von Unternehmen sogar gestört. Das heißt, dass es an vielen Stellen Nachholbedarf in Sachen B2C-Kommunikation gibt, da die Nutzer sich zwar prinzipiell durch Social Media beeinflussen lassen, aber genau das an vielen Stellen als nutzlos und störend empfinden.

 Weitere interessante Ergebnisse:

  • Der durchschnittliche Internetnutzer ist bei drei Sozialen Netzwerken registriert und kontrolliert diese in der Regel mehrmals am Tag.
  • Ost-West-Unterschiede gibt es keine, dafür Nord-Süd-Differenzen: Internetnutzer aus nördlichen Bundesländern sind aktiver als die aus südlichen, was aber nicht am Gegensatz städtisch – ländlich liegt. (Ob man das wie die Leserevolution im 18. Jahrhundert mit Konfessionsunterschieden erklären kann?)
  • Ein Fünftel der Zeit, die in Sozialen Netzwerken verbracht wird, stammt aus der Nutzung mobiler Endgeräte.

Fazit

Interessant finde ich, dass Social Media als Breitenphänomen bestätigt wird. Oft wird es als Zeitvertreib der eher Jungen abgewertet, aber tatsächlich hat Social Media in allen Altersklassen erheblichen Einfluss (zumindest bei denen, die das Internet nutzen). Wahrscheinlich ist es genau dieser Punkt, der viele Unternehmen bislang verführt hat zu glauben, das Social-Media-Engagement könne man sich ruhig sparen. Jetzt ist klar: Social Media ist kein Hype, und er wird nicht vorbeigehen, sondern sich im Gegenteil noch mehr ausbreiten und immer stärkeren Einfluss gewinnen. Jetzt liegt es an den Unternehmen, das Beste aus diesen Erkenntnisse zu machen: sich auf das neue Medium und die neue Art der Kommunikation wirklich einzulassen.